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„Inflationsausgleichsprämie“ beschlossen – was arbeitsrechtlich zu beachten ist

inflation

Am 7. Oktober 2022 hat der Bundesrat dem „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen“ zugestimmt. Anders als der Name des Gesetzes vermuten lässt, ist dort auch die sogenannte Inflationsausgleichs-Sonderzahlung geregelt. Danach können Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen steuer- und sozialabgabefreie Leistungen in Höhe von 3.000,00 Euro pro Beschäftigten erbringen. Allerdings werfen solche Zahlungen arbeitsrechtliche Fragen auf, die zwingend vorab zu klären sind. Wir geben einen Überblick:


I.

Hintergrund und Inhalt der Regelung

Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 20/3744) geht es bei der Inflationsausgleichs-Sonderzahlung um eine Abfederung der Belastung insbesondere durch die gestiegenen Gaspreise. Der Gesetzgeber regelt – auch aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz – „nur“ eine Befreiung von der Steuer- und Sozialabgabenpflicht. Die neue Regelung des § 3 Nummer 11c Einkommenssteuergesetz soll wie folgt lauten:
„Steuerfrei sind […] zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom [Datum Inkrafttreten des Gesetzes] bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 Euro“.
Weiterhin sollen die Zahlungen auch nicht der Sozialabgabenpflicht unterliegen. Die Voraussetzungen sind folglich vergleichbar mit der so genannten „Corona-Prämie“. Es müssen folgende Punkte erfüllt sein:
Zahlung innerhalb des Begünstigungszeitraums, also vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bis zum 31. Dezember 2024,
maximal ein Betrag von 3.000 Euro, wobei eine Aufteilung in mehrere Einzelbeträge möglich ist und
Zahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, also keine Umwidmung oder Anrechnung des Betrages.

II.

Arbeitsrechtliche Besonderheiten

Von dieser steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Seite sind die arbeitsrechtlichen Vorgaben zu trennen. Die konkrete Umsetzung der Zahlung im Betrieb kann sich aus arbeitsrechtlicher Sicht daher schwieriger gestalten. Entschließt sich ein Unternehmen zur Gewährung einer solchen Zahlung müssen einige Aspekte berücksichtigt werden. Die wichtigsten Punkte sind nachfolgend kurz zusammengefasst:

Mitbestimmung des Betriebsrates

Auch wenn die Leistung zusätzlich zum ohnehin gezahlten Arbeitsentgelt erbracht wird, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG; betriebliche Lohngestaltung). Zwar könnte man argumentieren, dass es sich bei der Zahlung nicht um „Lohn“ in diesem Sinne handelt, wenn es nur um die Abmilderung gestiegener Lebenshaltungskosten geht. Letztendlich versteht die Rechtsprechung den Begriff des „Lohns“ aber denkbar weit als jede Leistung seitens Arbeitgeber*innen, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses erbracht wird. Neben diesem rechtlichen Aspekt kommt hinzu, dass der Betriebsrat bei einer solchen zusätzlichen Zahlung regelmäßig unterstützen wird.

Gleichbehandlungsgrundsatz

Während die Zahlung der Prämie in gleicher Höhe an die gesamte Belegschaft regelmäßig unproblematisch sein wird, besteht in der Praxis häufig der Wunsch nach bestimmten Kriterien zu differenzieren. Insofern ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten: So dürfen Beschäftigte in gleicher oder vergleichbarer Lage nicht willkürlich ungleich behandelt werden. Den Arbeitgeber*innen kommt zwar ein gewisser Spielraum zu, sie müssen aber nachvollziehbare Unterscheidungskriterien wählen. Dies hat zuletzt in Bezug auf die Gewährung einer Corona-Prämie das LAG Rheinland-Pfalz nochmals ausdrücklich bestätigt (Urteil vom 8. Februar 2022 – 6 Sa 306/21). Auch darf die unterschiedliche Behandlung nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung führen. Eine willkürliche Auswahl von einzelnen Beschäftigten durch Arbeitgeber*innen ist daher nicht möglich. Denkbar könnte es beispielsweise sein, nach sozialen Kriterien (z.B. unterhaltspflichtigen Personen) oder auch der Einkommenssituation zu unterscheiden, wenn man annimmt, dass Geringverdienende stärker von steigenden Preisen betroffen sind. Die Einzelheiten hängen aber von der jeweiligen Situation ab.

Hinweis:

Das Risiko in diesem Bereich ist erheblich, da ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu einer „Anpassung nach oben“ führt (BAG, Urteil vom 3. September 2014 – 5 AZR 6/13). Die von der Zahlung ausgenommene Gruppe könnte daher auch die Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen begehren, was zu einer erheblichen Mehrbelastung der Unternehmen führen kann.

Ausdrückliche Fixierung der Zwecksetzung

Der Zweck der Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen – insbesondere deren freiwilliger Charakter – sollten klar und eindeutig formuliert und kommuniziert werden. Dies gilt sowohl für etwaige zugrundeliegende Betriebsvereinbarungen als auch für einzelvertragliche Regelungen. Gerade wenn die Zahlung des Gesamtbetrages auf kleinere Beträge aufgeteilt werden soll, muss die Entstehung einer betrieblichen Übung vermieden werden.
Die vorstehende Darstellung beinhaltet einen allgemeinen Überblick zu den wichtigsten Aspekten. Sollten sich Fragen bei der konkreten Umsetzung im Einzelfall ergeben, stehen wir gerne zur Verfügung.

Autoren dieses Beitrags

Dr. Thomas
Köllmann

Michael
Dietzler

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