Das neue Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) – Hinweise für die Praxis
Im Schatten der Sommerferienzeit ist am 6. Juli 2017 das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen. Für Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch Auszubildende) bedeutet dies zumeist einen Paradigmenwechsel im Hinblick auf den Umgang mit Entgelttransparenz und die Offenlegung von Vergütungsstrukturen – höchste Zeit, sich darauf einzustellen!
I. Auskunftsanspruch
Das wesentlichste Instrument des EntgTranspG ist der Auskunftsanspruch der Beschäftigten. Diese können danach Auskunft verlangen über
- Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung und
- das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt sowie bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile vergleichbarer, d.h. gleicher oder gleichartiger Tätigkeiten (Vergleichsentgelt).
Die Beschäftigten können dabei sowohl Auskunft zur Festlegung des eigenen Entgelts als auch zur Festlegung sowie zur Höhe des Entgelts vergleichbarer Tätigkeiten im jeweiligen Betrieb verlangen. Der Auskunftsanspruch ist allerdings an einige Voraussetzungen geknüpft:
- In dem Betrieb müssen in der Regel mehr als 200 Beschäftigte bei demselben Arbeitgeber tätig sein.
- Die vergleichbare Tätigkeit muss von mindestens sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt werden.
Für die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs sieht das Gesetz lediglich Textform vor, eine einfache E-Mail reicht also aus. Liegen die Voraussetzungen vor, hat der Arbeitgeber sodann innerhalb von drei Monaten die verlangte Auskunft zu erteilen. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nicht oder nicht ordnungsgemäß nach (Nichterfüllung), wird als – durchaus empfindliche – Sanktion ein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vermutet: Dem Arbeitgeber obliegt in der Folge die Beweislast, dass keine Benachteiligung vorliegt.
Ist der Arbeitgeber tarifgebunden oder wendet er Tarifverträge aufgrund schriftlich vereinbarter Bezugnahme an, so ist der Betriebsrat – soweit ein solcher existiert – für das Auskunftsverlangen der Beschäftigten zuständig. In diesen Fällen ist er mithin der Ansprechpartner der Beschäftigten für den Auskunftsanspruch, solange (a) der Arbeitgeber nicht die Erfüllung der Auskunftspflicht für einen konkreten Fall oder generell (längstens für die Dauer der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats) unter Darlegung von Gründen an sich gezogen hat oder (b) der Betriebsrat beschlossen hat, dass die Auskunft durch den Arbeitgeber zu erteilen ist. Der Arbeitgeber ist dabei verpflichtet, dem Betriebsrat Einsicht in die zur Beantwortung entscheidenden Unterlagen zu gewähren. Eine Frist zur Beantwortung des Auskunftsverlangens sieht das Gesetz in diesen Fällen zwar nicht vor, im Zweifel wird man jedoch ebenfalls die Drei-Monats-Frist beachten müssen. Demgegenüber drohen – anders als bei tarifungebundenen Arbeitgebern keine Sanktionen im Falle der Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs.
II. Betriebliches Prüfverfahren
Ungeachtet des vorangehend beschriebenen Auskunftsanspruchs werden Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten aufgefordert, betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit, bestehend aus Bestandsaufnahme, Analyse und Ergebnisbericht, durchzuführen. Diese sollen alle fünf Jahre (tarifgebundene und -anwendende Unternehmen: alle drei Jahre) wiederholt werden. Bestimmte Analysemethoden und Arbeitsbewertungsverfahren werden nicht vorgegeben (Bsp.: www.eg-check.de). Ergeben sich aus dem betrieblichen Prüfverfahren Verstöße gegen das Entgeltgleichheitsgebot, sind diese zu beseitigen. Anders als beim Auskunftsanspruch sieht das Gesetz allerdings keine Sanktion bei Verstößen gegen diese Pflicht vor, und zwar unabhängig von einer etwaigen Tarifbindung bzw. -anwendung.
III. Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit
Darüber hinaus sind Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet, einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu erstellen. In diesem Bericht sollen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen benannt werden bzw. Gründe, weshalb bisher keine entsprechenden Maßnahmen getroffen wurden. Ein solcher Bericht ist alle drei Jahre zu erstellen, es sei denn, es handelt sich um einen tarifgebundenen oder tarifanwendenden Arbeitgeber. In diesem Fall muss der Bericht nur alle fünf Jahre verfasst werden. Es besteht zudem eine Pflicht zur Offenbarung des Berichts im Lagebericht.
IV. Tipps für die Praxis
Der Auskunftsanspruch kann frühestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden, sodann zwei Jahre nach dem letzten Auskunftsverlangen. Mit ersten Auskunftsverlangen muss also frühestens ab Januar 2018 gerechnet werden. Losgelöst hiervon sollten Sie als Arbeitgeber schon jetzt auf folgende Punkte achten:
- Überprüfen Sie, ob ihr Unternehmen die Anwendungsvoraussetzungen für einen Auskunftsanspruch bzw. die weiteren Pflichten nach dem EntgTranspG erfüllt.
- Nutzen Sie die Übergangszeit bis zum Ende des Jahres und bereiten Sie sich auf etwaige Auskunftsverlangen vor: Nehmen Sie eine Bestandsaufnahme der Beschäftigten vor und erstellen Sie objektive Kriterien (Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen, Arbeitsbedingungen), um vergleichbare Tätigkeiten zu bestimmen; wenden Sie diese Kriterien auch direkt auf Neueinstellungen an und dokumentieren Sie diese.
- Erstellen Sie Entgelttabellen der Beschäftigten, um dem Betriebsrat hierin Einsicht geben zu können.
- Prüfen Sie, sofern ein betriebliches Entgeltsystem vorhanden ist, dass eine Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts ausgeschlossen ist und stellen Sie sicher, dass die Kriterien für die Bestimmung des Entgelts für Männer und Frauen identisch sind.
- Sind Ungleichbehandlungen vorhanden, leiten Sie geeignete Maßnahmen ein, um diese zu beseitigen und dokumentieren Sie diese; insbesondere wenn in der Regel mehr als 500 Beschäftigte im Betrieb tätig sind, bieten diese Aufzeichnungen die Grundlage für den verpflichtenden Bericht zur Frauenförderung und Entgeltgleichheit.
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