6 Minuten Lesezeit
(1116 Worte)
Vorbereitung einer Restrukturierung – was gilt es zu beachten?
Wenngleich es in der Praxis aufgrund wirtschaftlicher Gegebenheiten nicht selten schnell gehen muss, ist die profunde Vorbereitung einer Restrukturierung essentiell wichtig für deren erfolgreiche Umsetzung.
Versäumnisse oder Fehler, die dort erfolgen, lassen sich später vielfach nur noch schwer oder gar nicht mehr heilen. Zudem hilft ein solches Vorgehen, das richtige Verständnis für das tatsächlich und rechtlich Machbare zu entwickeln und Enttäuschungen zu vermeiden.
I.
Gesellschaftsrechtlich oder arbeitsrechtlich?
Die Hintergründe, Motive und Ziele von Restrukturierungen sind vielfältig. Nicht weniger vielfältig sind die Gestaltungsmöglichkeiten.
Insoweit ist zunächst zu klären, ob eine rein gesellschaftsrechtliche Maßnahme – etwa in Form eines Share Deals – oder eine arbeitsrechtliche Maßnahme in Rede steht bzw. welche Möglichkeit sinnvoller ist. Bei rein gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen bestehen in der Regel die geringsten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte auf Seite der Arbeitnehmer*innen. Deutlich aufwändiger wird es, wenn ein Abbau von Personal, Veränderungen auf betrieblicher Ebene oder Übertragungen von Betrieben in Rede stehen.
Schlussendlich sind die arbeitsrechtlichen Implikationen nur ein Teil, die bei den Überlegungen zur Wahl der sinnvollsten Gestaltungsmöglichkeit eine Rolle spielen. Daneben zu beachten sind auch die sonstigen rechtlichen Auswirkungen, insbesondere in gesellschafts-, steuer- und vergaberechtlicher Hinsicht, sowie – nicht weniger wichtig – die personalpolitischen und betriebspsychologischen Konsequenzen.
II.
Liegt eine Betriebsänderung vor?
Existiert ein Betriebsrat, ist eine weitere wesentliche Weichenstellung für die Durchführung einer Restrukturierung die Frage, ob eine Betriebsänderung im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG vorliegt, die zu den hierin geregelten Beteiligungsrechten des Betriebsrats führt.
Denn nach diesen Vorschriften haben Unternehmen den Betriebsrat rechtzeitig über geplante Maßnahmen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, umfassend zu unterrichten und die geplante Betriebsänderung mit dem Betriebsrat zu beraten. Daneben müssen sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich versuchen und – sofern mit der Restrukturierungsmaßnahme wirtschaftliche Nachteile verbunden sind – einen Sozialplan abschließen. Besteht im Unternehmen ein Wirtschaftsausschuss, ist dieser ebenfalls umfassend und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen über die geplante Maßnahme zu unterrichten und sind diesem die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanungen darzustellen. Dies hat noch vor, spätestens jedoch mit der Unterrichtung des Betriebsrats zu erfolgen.
Die Unterrichtungen erfolgen in der Regel mittels einer Präsentation oder – sofern die ausführlichere Variante gewählt wird – mittels eines sogenannten „Whitebooks“, wo die Hintergründe sowie die einzelnen Maßnahmen und der geplante Umsetzungszeitpunkt dargelegt werden. Auch wenn insoweit „lediglich“ eine Präsentation vorbereitet wird, ist zu berücksichtigen, dass die Aufbereitung der Daten und die Vorbereitung der Dokumente zumeist aufwändig sind und nicht unerhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Dies gilt umso mehr, wenn die Unterrichtungen im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG und § 106 BetrVG im Falle einer Massenentlassung um die dann notwendige Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 KSchG ergänzt werden.
Wichtig ist, dass bereits in diesem Stadium die Informationen gesammelt werden sollten, die für die Beantwortung zu erwartender Fragen des Betriebsrats erforderlich sind. Anderenfalls hat der Betriebsrat gleich zu Beginn ein probates Mittel, um den Auftakt der Verhandlungen hinauszuzögern, indem er sich auf die nicht hinreichende Information beruft.
III.
Wer ist Verhandlungspartner?
Wer der richtige Verhandlungspartner ist, richtet sich nach der unternehmerischen Entscheidung. Denn es ist das Unternehmen, das über den Umfang der Maßnahme und damit auch darüber bestimmt, wer sein Verhandlungspartner ist.
Für die Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG ist in der Regel der örtliche Betriebsrat zuständig. Entscheidet sich das Unternehmen hingegen für betriebs- oder unternehmensübergreifende Restrukturierungsmaßnahmen, obliegt – deren Bestehen vorausgesetzt – die Verhandlung zumindest des Interessenausgleichs regelmäßig dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, sofern es zwingend einer einheitlichen Vereinbarung bedarf. Selbst wenn zunächst nur eine betriebsbezogene Restrukturierung geplant ist, eröffnet dies dem Unternehmen wichtige Gestaltungsspielräume bezüglich der zu beteiligenden Gremien. Schließlich spielen bei den Verhandlungen nicht nur rechtliche, sondern auch taktische und politische Gesichtspunkte eine nicht unwesentliche Rolle.
IV.
Due Diligence
Sind die Grundlagen der geplanten Restrukturierung umrissen, ist in der Regel eine interne Due Diligence unerlässlich, bei der die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens umfassend geprüft werden.
Schließlich sind für die Wahl der richtigen Gestaltung und Vorgehensweise der rechtliche und tatsächliche Rahmen sowie die jeweilige Interessenlage maßgeblich. Aus arbeitsrechtlicher Sicht beinhaltet dies insbesondere die Ermittlung der tatsächlichen Ist-Struktur (Wie ist die Betriebs- und Beschäftigtenstruktur? Wie ist die Vergütungsstruktur? Welche Sozialdaten haben die Arbeitnehmer*innen?) sowie der arbeitsrechtlich relevanten Vereinbarungen und Regelungen (Bestehen Kündigungsverbote oder Standortgarantien? Existieren noch anwendbare Sozialpläne? Welche Kündigungsfristen gelten? Wie weit reicht das arbeitsvertragliche Direktionsrecht? Finden Tarifverträge – unmittelbar oder mittels arbeitsvertraglicher Bezugnahme – Anwendung?).
Nur mittels einer gewissenhaften Due Diligence ist es überhaupt möglich, die (bestmögliche) Art und Weise der Umsetzung zu erarbeiten, aber auch die Kosten der Restrukturierung zu kalkulieren. Hierzu gehört neben der Klärung der rechtlichen und tatsächlichen internen Verhältnisse auch die Prüfung, ob und inwieweit öffentliche Unterstützungsleistungen – insbesondere im Hinblick auf mögliche Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen – nutzbar gemacht werden können.
V.
Realistische Zeitplanung
Zu der guten Vorbereitung einer Restrukturierung gehört insbesondere eine realistische Zeitplanung. Denn insbesondere dann, wenn im Unternehmen ein Betriebsrat besteht und die Restrukturierung eine Betriebsänderung im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG darstellt, können sich die Verhandlungen über einen dann zu versuchenden Interessenausgleich und ebenso regelmäßig notwendigen Sozialplan mehrere Wochen und Monate hinziehen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Betriebsparteien nicht einigen können und der Gang in die Einigungsstelle notwendig wird. Für eine einvernehmliche Bestellung der Einigungsstelle bis zu deren ersten Zusammentreten ist insoweit ein Zeitraum von rund zwei bis vier Wochen zu veranschlagen. Können sich die Betriebsparteien jedoch auf die Person der bzw. der oder des Vorsitzenden bzw. die Anzahl der Beisitzer*innen nicht einigen, ist eine Bestellung durch das Arbeitsgericht erforderlich. Eine derartige gerichtliche Bestellung dauert erfahrungsgemäß – gerechnet vom Zeitpunkt des Eingangs des Antragsschriftsatzes beim Arbeitsgericht – zwischen vier und 16 Wochen, die als worst case berücksichtigt werden sollten.
Vor einer Restrukturierung sollte man stets einen möglichst detaillierten Ablaufplan erstellen, indem die vorbereitenden Maßnahmen, die Verhandlungen sowie die Umsetzung Schritt für Schritt hinterlegt sind. Neben der zeitlichen Komponente gehört hierzu auch die klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten (Was? Wann? Wer?).
VI.
Kommunikation
Schließlich ist ein wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung einer Restrukturierung die Kommunikation gegenüber den Interessenvertretungen und der Belegschaft.
Denn insbesondere dann, wenn sich die Maßnahme nicht in einem reinen Personalabbau erschöpft, werden die Umsetzung und das Gelingen wesentlich davon beeinflusst, dass alle Beteiligten von Beginn an mitgenommen und von der Notwendigkeit der Maßnahme überzeugt werden bzw. diese zumindest akzeptieren. Dies ist in Zeiten des allseits grassierenden Fachkräftemangels bedeutsamer als je zuvor.
Da es sich bei der Kommunikation zum einen um ein Terrain handelt, in welchem Unternehmen nicht tagtäglich unterwegs sind und zum anderen vielfach um negative Nachrichten, kann es sich mitunter anbieten, Kommunikationsdienstleister hinzuzuziehen, die bei der Vorbereitung der Kommunikation unterstützen. Je nach politischer Dimension und Umfang der Restrukturierung ist zudem die Kommunikation gegenüber der Presse und den Medien nicht zu vergessen.
Über den Autor
Thomas Niklas ist seit 2012 als Rechtsanwalt bei der Sozietät Küttner tätig. Dort berät er nationale und internationale Unternehmen sowie Führungskräfte in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Vorbereitung und Durchführung von Outsourcing- und Restrukturierungsvorhaben, dem Einsatz von Fremdpersonal sowie sämtlichen betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten.