Die Testanordnung durch den Arbeitgeber und die Folgen für Beschäftigte
1. Das Interesse des Arbeitgebers
Das Arbeitsschutzrecht erfordert es, dass der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten ergreift. Spiegelbildlich sind diese – in gewissen Grenzen – verpflichtet, Maßnahmen zur eigenen Sicherheit zu akzeptieren und durchzuführen (vgl. § 15 ArbSchG). Im Gegensatz zum aktuellen wissenschaftlichen Stand bei den Corona-Impfungen ist zu berücksichtigen, dass negativ getestete Personen zumindest in einem geringeren Umfang ansteckend sein können. Die Durchführung von Tests kann damit zumindest auch dem Schutz der sonstigen Belegschaft und nicht nur des Beschäftigten dienen. Zugleich ist der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verhältnismäßig gering. Die Rechtslage ist vergleichbar mit der Durchführung von Eignungsuntersuchungen im laufenden Arbeitsverhältnis.
Es ist daher zu differenzieren:
a) Anlassbezogener Test bei symptomatischen Personen
Besteht ein konkreter Anlass, dass der Beschäftigte die Tätigkeit nicht oder nur unter der Gefährdung seiner oder der Gesundheit anderer durchführen kann, ist die Durchführung von Eignungsuntersuchungen – in gewissen Grenzen – regelmäßig rechtmäßig (vgl. BAG, Urt. v. 25.1.2018 – 2 AZR 382/17, unter Bezugnahme auf eine tarifvertragliche Regelung). Übertragen auf einen Corona-Test bedeutet dies: Eine entsprechende Anordnung wird dann rechtmäßig sein, wenn sie gegenüber symptomatischen Beschäftigten erfolgt oder bei einem konkreten Infektionsverdacht vorgenommen wird. Der Arbeitgeber ist sogar gut beraten, Personen mit einer möglichen SARS-CoV-2-Infektion nicht im Betrieb zu beschäftigten, bis diese ausgeschlossen werden kann. Dies regelt im Übrigen auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (Ziffer 4.2.11).
b) Tests ohne konkreten Anlassbezug
Bei Durchführung von Eignungstests ohne konkreten Anlass stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob die durch die Untersuchung festzustellende Eignung Bedeutung für die konkrete Tätigkeit hat und andernfalls das Risiko einer Gefährdung Dritter oder des Beschäftigten selbst besteht (vgl. auch § 7 ArbSchG). In diesem Fall kann die Duldung der Untersuchung auch ohne spezielle Regelung aus der Treuepflicht des Beschäftigten resultieren (vgl. BAG, Urteil vom 12. August 1999 - 2 AZR 55/99). Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf die Corona-Tests, ist maßgeblich, ob die gesundheitlich abzuprüfende Eigenschaft wesentlich für die Durchführung der konkreten Tätigkeit ist. Damit ist zu prüfen, ob eine Testung mit Blick auf die konkret ausgeübte Tätigkeit und das damit einhergehende Infektionsrisiko erforderlich ist. Je mehr Anhaltspunkte dargelegt werden können, desto mehr spricht für die Rechtmäßigkeit der arbeitgeberseitigen Anordnung. Dies kann insbesondere dann gelten, wenn im Rahmen der jeweiligen Tätigkeit das Tragen von Schutzausrüstung (insbesondere Mund-Nasen-Schutz, FFP2-Masken usw.) und Hygienemaßnahmen nicht ausreichend bzw. nicht möglich ist oder Kontakt zu besonders vulnerablen Personengruppen besteht. Dies wird in Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie in Betreuungseinrichtungen der Fall sein (vgl. auch § 4 Abs. 2 Corona-Testverordnung vom 27. Januar 2021).
Außerhalb dieser Bereiche werden – gerade im Dienstleistungsbereich häufiger anzutreffende – unspezifische Wünsche von Kunden, nur von getesteten Personen bedient bzw. versorgt zu werden, regelmäßig nicht ausreichend sein.
2. Die Verweigerung durch den Beschäftigten und deren Rechtsfolgen
Verweigern Beschäftigte die Durchführung der Tests, können sie – wie eingangs dargestellt – nicht zur Durchführung gezwungen werden. Im Fall einer rechtmäßigen Anordnung können indes arbeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen, da der Beschäftigte in diesem Fall seine arbeitsvertragliche Treuepflicht verletzt. Denkbar erscheint eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz mit geringerem Infektionsrisiko oder eine Freistellung von Beschäftigten.
Da der Beschäftigte seine Arbeitsleistung so anbieten muss, wie sie tatsächlich geschuldet ist, muss er im Fall der rechtmäßigen Anordnung einer Testung einen entsprechendes Testergebnis vorlegen. Macht er dies nicht, versetzt er den Arbeitgeber mangels Leistungsfähigkeit nicht in Annahmeverzug (§ 297 BGB) und der Arbeitgeber schuldet keine Vergütung. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des ArbG Offenbach. In dem zugrundeliegenden Fall verwehrte der Arbeitgeber dem Beschäftigten den Zutritt zum Werksgelände, weil dieser sich weigerte, einen in einer Betriebsvereinbarung vorgesehenen Test durchzuführen. Der Antrag des Beschäftigten auf Zugang zum Werksgelände ohne Testung blieb erfolglos. Allerdings ist nicht ersichtlich, ob der Antrag des Beschäftigten an der fehlenden Eilbedürftigkeit scheiterte oder ob auch eine inhaltliche Auseinandersetzung erfolgte (vgl. ArbG Offenbach, 4. Februar 2021 - 4 Ga 1/21).
An weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnungen oder Kündigungen sind strengere Anforderungen zu stellen. Sie können in begründeten Einzelfällen möglich sein, etwa wenn symptomatische Beschäftigte Testungen grundlos verweigern oder das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz besonders hoch ist.