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Karnevalsparty trotz Krankschreibung?

karnveal
Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer nimmt an einer Karnevalsveranstaltung teil – darf der Arbeitgeber deshalb kündigen?
Mit dieser Frage und gleich mehreren Kündigungen hatte sich das Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 21.01.2025 – 7 SLa 204/24) zu beschäftigen. Das Ergebnis: Die Kündigungen der Beklagten blieben erfolglos. Der Knackpunkt: Nicht der rheinische Frohsinn, sondern die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.


I.

Der Fall: Krankschreibung und Karneval

Der Kläger, seit 2001 bei der Beklagten als Mitarbeiter in der Logistik beschäftigt und schwerbehindert, legte mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Ende 2022 und Anfang 2023 vor.
Jedenfalls an einem Tag, an dem er offiziell krankgeschrieben war, nahm er abends an einer Veranstaltungen seines Karnevalsvereins teil. Davon tauchte ein Video auf, in welchem der Kläger in voller Karnevalsmontur in einen Hotelsaal einmarschierte. Seine Arbeitgeberin warf ihm daraufhin vor, nur simuliert zu haben, und kündigte ihm außerordentlich und ordentlich.


II.

Die Entscheidung: Kündigungen unwirksam

Das LAG wies die Berufung der Arbeitgeberin gegen das erstinstanzliche Urteil zurück. Keine der ausgesprochenen Kündigungen hielt einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen.

1. Beweislast im Kündigungsschutzprozess

Die Arbeitgeberin ist immer darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Das Vortäuschen einer Erkrankung ist zwar unstreitig ein Kündigungsgrund, allerdings muss die Arbeitgeberin dies vollumfänglich beweisen.

2. Keine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit nachweisbar

Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit wird in der Regeln durch Vorlage der AU-Bescheinigung geführt. Deren Beweiswert kann die Arbeitgeberin aber erschüttern. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger an der Karnevalssitzung während seiner Krankheit teilgenommen. Das erschüttere den Beweiswert der AU-Bescheinigung, so das LAG. In der Folge müsse der Kläger zur eigenen Arbeitsunfähigkeit in dem jeweiligen Zeitraum näher vortragen. Er trage im Kündigungsschutzverfahren aber nur eine so genannte „sekundäre Darlegungslast“. Dieser sei der Kläger nachgekommen, indem er u.a. zu einer Atemwegsinfektion vorgetragen und den Arzt von der Schweigepflicht entbunden habe. Dieser bestätigte die Diagnose und erklärte, die Teilnahme an der Veranstaltung habe die Genesung nicht gefährdet.

In der Folge wäre es dann wieder Sache der Arbeitgeberin gewesen, eine Simulation der Krankheit darzulegen und zu beweisen. Dies sei nicht geschehen, da lediglich die Behauptungen des Klägers angezweifelt worden seien.

Praxishinweis:

Anders fällt die Bewertung aus, wenn der Kläger bspw. wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben gewesen wäre und sodann abends auf einer Karnevalssitzung tanzend gesehen wird. Dann wäre es für den „erkrankten“ Kläger deutlich schwieriger, zu einer „echten“ krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vorzutragen.

3. Andere Darlegungs- und Beweislast als im Prozess um Entgeltfortzahlung

Anders ist der Fall übrigens, wenn es um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geht. Stellt der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung ein, weil er von einer simulierten Krankheit ausgeht und macht der/die Beschäftigte sie klageweise geltend, dann trägt er/sie die volle Darlegungs- und Beweislast, d.h. nicht nur eine „sekundäre Darlegungslast“. Ist in diesem Fall der Beweiswert der AU-Bescheinigung erschüttert, muss ganz konkret vortragen werden, welche Krankheit vorlag und wie diese zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat.


III.

Fazit: Genaue Prüfung erforderlich

Das auf den ersten Blick etwas unverständlich anmutende Urteil überzeugt bei genauerem Hinsehen in dem konkreten Einzelfall.
Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist ein wichtiger Aspekt, den man genau betrachten und das taktische Vorgehen darauf abstimmen sollte. Die Hürden für eine wirksame Kündigung sind für Arbeitgeber höher als für die Aussetzung der Entgeltfortzahlung im Fall von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit.

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