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Sanierung durch Insolvenzplan

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Durch einen Insolvenzplan kann die Restrukturierung und Sanierung insolventer Unternehmen zügig, flexibel und effizient umgesetzt werden, um einen schnellen wirtschaftlichen Neustart zu ermöglichen.
Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID19-Pandemie, gestörter Lieferketten und gestiegener Energiepreise wird ungeachtet staatlicher Unterstützungsleistungen voraussichtlich eine nicht unerhebliche Anzahl von Unternehmen gezwungen sein, Insolvenzantrag zu stellen. Sofern nach Maßnahmen zur Entschuldung Aussichten auf eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestehen, kann ein Insolvenzplan interessante Gestaltungsoptionen und praktische Vorteile im Verhältnis zu einem häufig mit der Liquidation des Unternehmens verbundenen Regelinsolvenzverfahren bieten.

Blogserie: Restrukturierung

Pandemie, Ukrainekrieg, Energiekrise und fragile Lieferketten – die derzeitigen Herausforderungen könnten größer kaum sein. Viele Unternehmen bringt dies an ihre Grenzen – nicht wenige auch darüber hinaus. Zusätzlich sind immer strengere rechtliche Anforderungen zu beachten.

Autor dieses Beitrags


I.

Was ist ein Insolvenzplan?

Ein Insolvenzplan ist ein besonderes Instrument im Insolvenzverfahren, durch das die Befriedigung der Gläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung sowie die Verfahrensabwicklung und die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens abweichend von den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) geregelt werden können.
Mit dem im Jahr 2012 in Kraft getretenen Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) sollte der Insolvenzplan als Mittel zur Eigensanierung des Schuldners gestärkt werden. Die Zugangsvoraussetzungen zur Eigenverwaltung und zur Nutzung eines Insolvenzplans wurden durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 mit Wirkung ab 1. Januar 2021 verschärft. Mit dem SanInsFoG wird das Ziel verfolgt, die Qualität der Eigenverwaltungsverfahren zu verbessern.

Der Insolvenzplan gliedert sich in einen darstellenden Teil (§ 220 InsO) und einen gestaltenden Teil (§ 221 InsO).

Im darstellenden Teil wird beschrieben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Ziel einer Sanierung getroffen worden sind oder noch getroffen werden sollen. Hierzu können in arbeitsrechtlicher Hinsicht z.B. Vereinbarungen über Entgeltverzicht der Arbeitnehmer, Personalabbaumaßnahmen oder die Veräußerung bzw. Übertragung nicht überlebensnotwendiger Unternehmensteile gehören. Dabei gelten auch im Rahmen eines Insolvenzplans die arbeitsrechtlichen Restrukturierungserleichterungen in der Insolvenz, also insbesondere die erleichterte Kündigungsmöglichkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 113 InsO) sowie die Begrenzung der Sozialplanmittel (§ 123 InsO). Die bei der Sozialplandotierung im Regelinsolvenzverfahren zu beachtende Bestimmung zur sog. relativen Obergrenze, wonach für einen Sozialplan nicht mehr als ein Drittel der verteilungsfähigen Masse verwendet werden darf, gilt für einen Insolvenzplan dagegen nicht (§ 123 Abs. 2 S. 2 InsO).
Im gestaltenden Teil wird festgelegt, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll, also zum Beispiel welchen Forderungsausfall die einzelnen Beteiligten als Sanierungsbeitrag hinzunehmen haben. Seit Inkrafttreten des ESUG können auch Anteilsinhaber des schuldnerischen Unternehmens in einen Insolvenzplan einbezogen und so zu eigenen Sanierungsbeiträgen herangezogen werden (z.B. durch einen sog. Debt-Equity-Swap). Neben der finanzwirtschaftlichen Sanierung durch Regelung der Insolvenzforderungen kann auch eine neue gesellschaftsrechtliche Eigentümerstruktur implementiert werden.
Praktisch besonders wichtig ist eine Vergleichsberechnung, aus der genau hervorgehen muss, welche wirtschaftlichen Ergebnisse bzw. Quotenerwartungen sich bei Durchführung des Insolvenzplans im Vergleich zum Regelinsolvenzverfahren ergeben. Der Insolvenzplan bedarf zu seiner Rechtsverbindlichkeit der Annahme durch eine qualifizierte Mehrheit der am Insolvenzverfahren Beteiligten, der Zustimmung des Schuldners sowie der Bestätigung durch das Insolvenzgericht. Das Insolvenzverfahren wird mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans aufgehoben, soweit im Insolvenzplan nichts Abweichendes geregelt ist.

II.

In welchen Verfahrensarten kann ein Insolvenzplan vereinbart werden?

Ein Insolvenzplan kann in allen nach der Insolvenzordnung möglichen Verfahrensarten vereinbart werden, steht also sowohl im Regelinsolvenzverfahren mit Fremdverwaltung durch einen Insolvenzverwalter (§§ 80 ff. InsO), in der Eigenverwaltung mit Verwaltung durch die bisherige Geschäftsleitung unter Aufsicht eines Sachwalters (§§ 270 ff. InsO) und insbesondere im sog. Schutzschirmverfahren (§ 270d InsO) als spezieller sanierungsvorbereitender Form des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens zur Verfügung. Insbesondere in den beiden letztgenannten Fällen hat der Insolvenzplan große praktische Bedeutung als strategisches Instrument zur Eigensanierung des Schuldners.

III.

Was sind die Vorteile eines Insolvenzplans?

Die Dauer eines Insolvenzverfahrens kann durch einen Insolvenzplan, insbesondere bei rechtzeitiger und intensiver Vorbereitung eines Sanierungskonzepts, deutlich verkürzt werden. Nicht selten spricht für einen Insolvenzplan auch eine höhere Quotenerwartung als im Regelinsolvenzverfahren.
In der Praxis bildet das Instrument des Insolvenzplans häufig eine Alternative zu einer sog. übertragenden Sanierung, bei der das schuldnerische Unternehmen oder fortführungsfähige Betriebsteile durch Einzelrechtsübertragung schuldenfrei auf einen Investor übertragen werden (sog. Asset Deal). Während eine solche übertragende Sanierung in der Regel mit einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang gemäß § 613a BGB auf den Investor und einer Liquidation des insolventen Unternehmensträgers einhergeht, bleibt das schuldnerische Unternehmen bei der Durchführung eines Insolvenzplans als Rechtsträger erhalten und kann durch gesellschaftsrechtliche Anteilsübertragung auf einen neuen Inhaber übergehen (sog. Share Deal). Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn das schuldnerische Unternehmen über rechtsträgergebundene öffentlich-rechtliche Erlaubnisse/Konzessionen/Subventionszusagen, eine größere Zahl von Lizenzen oder Patenten oder auch größere Mengen personenbezogener (Kunden-)Daten verfügt. Die Sanierung im Wege eines Insolvenzplans hat auch dann durchgreifende praktische Vorteile im Verhältnis zu einer übertragenden Sanierung, wenn zur Fortführung erforderliche Vermögensgegenstände oder langfristige Vertragsbeziehungen, z.B. Mietverträge oder Zulieferverträge, nur mit Zustimmung Dritter übertragen werden können, insbesondere dann, wenn diese Zustimmung nicht ohne erhebliche Gegenleistung zu erreichen wäre.

IV.

Worauf ist bei der Gruppenbildung im Insolvenzplan zu achten?

Im Insolvenzplan sind Beteiligte mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zu Gruppen zusammenzufassen, wobei die Arbeitnehmer in der Regel eine besondere Gruppe bilden, wenn sie als Insolvenzgläubiger mit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind (§ 222 InsO). Für den Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) ist in einem die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens oder Betriebs vorsehenden Insolvenzplan eine besondere Gruppe zu bilden, sofern er hierauf nicht verzichtet (§ 9 Abs. 4 S. 1 BetrAVG). Für die einzelnen Gruppen können unterschiedliche Sanierungsbeiträge bzw. Verzichtsleistungen vorgesehen werden. Dagegen besteht innerhalb der jeweiligen Gruppen das Gebot der Gläubigergleichbehandlung (§ 226 Abs. 1 InsO).

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