Bundestag verabschiedet Gesetz zur Änderung des Nachweisgesetzes – was Unternehmen jetzt beachten müssen
Während die HR-Praxis über Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung im Arbeitsrecht diskutiert, wird im politischen Berlin ein Gesetz verabschiedet, das für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen die gesetzliche Schriftform vorschreibt (BT-Drucks. 20/1636).
Hintergrund der Regelungen
Erweiterung der Nachweispflichten
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die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts, einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts. Diese sind jeweils getrennt mit ihrer jeweiligen Fälligkeit sowie der Art der Auszahlung anzugeben (bar bzw. bargeldlos),
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die Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten,
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bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
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im Falle von Arbeit auf Abruf die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, die Frist innerhalb derer die Arbeit „abzurufen“ ist und der Zeitrahmen, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt wird durch Benennung von Referenztagen und Referenzstunden,
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Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen (sofern vereinbart),
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das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von beiden Seiten einzuhaltende Verfahren: dabei mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage,
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die Dauer der Probezeit (sofern vereinbart),
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erweiterte Unterrichtungspflichten im Zusammenhang mit einem Auslandsaufenthalt in Entsendefällen
Zeitlicher Rahmen und Formerfordernis
Verweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
Praxishinweis:
Sanktionen und Rechtsfolgen von Verstößen
Praxistipps für Unternehmen
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In keinem Fall sollten alle Nachweispflichten im Arbeitsvertrag erfüllt werden. Insbesondere detaillierte Hinweise zu Kündigungsverfahren werden Arbeitsverträge nicht nur überfrachten, sondern sind auch personalpolitisch wenig sinnvoll.
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Es sollte folglich in jedem Einzelfall geprüft werden, welche der Nachweispflichten im Arbeitsvertrag erfüllt werden und welche in einer separaten Anlage zu diesem Vertrag.
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Werden Arbeitsverträge bislang elektronisch signiert, kann mit ihnen keine Nachweispflicht erfüllt werden. In diesem Fall müssten alle Nachweispflichten zusätzlich in einem der gesetzlichen Schriftform genügenden Dokument erfüllt werden. Dieses kann dann am ersten Tag der Arbeitsleistung übergeben werden.
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Von der Möglichkeit des Verweises auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen ist möglichst umfassend Gebrauch zu machen. Die Verweise sollten indes möglichst konkret sein.
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Auch im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse können Anforderungen nach dem Nachweisgesetz ab dem 1. August 2022 geltend gemacht werden. Aus diesem Grund sollte ein Template erstellt werden, um mögliche Anfragen zeitnah und reibungslos für bestehende Arbeitsverhältnisse erfüllen zu können.
Über den Autor
Dr. Thomas Köllmann berät und vertritt bei der Sozietät Küttner seit 2018 Unternehmen, Führungskräfte und Organmitglieder in allen Bereichen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die Vertragsgestaltung, betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen, das Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst sowie die Beratung im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes und Themen rund um die Arbeitswelt 4.0. Er promovierte berufsbegleitend zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung der Datenschutzgrundverordnung. Dr. Thomas Köllmann veröffentlicht und doziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen.