Die Fußball-Weltmeisterschaft am Arbeitsplatz – was Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten sollten
Die Fußball Weltmeisterschaft 2018 (WM) steht in den Startlöchern und lässt viele Fan-Herzen höher schlagen. Leider fällt schnell auf, dass zahlreiche Spiele bereits in den Nachmittagsstunden angepfiffen werden. Spätestens wenn die Deutsche Nationalmannschaft bei ihrem letzten Gruppenspiel gegen Südkorea bereits um 16.00 Uhr antreten muss, stellt sich für zahlreiche Fans die Frage: Darf ich das Spiel auch während meiner Arbeitszeit verfolgen? Um Unsicherheiten auszuräumen, werden im Folgenden einige Fragen erläutert, mit denen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer während der Fußball-Weltmeisterschaft konfrontiert sehen.
I. Dürfen Spiele während der Arbeitszeit im Fernsehen verfolgt werden?
Die Pflichten als Arbeitnehmer zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung gelten auch während der WM. Damit darf sich der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit nicht mit privaten Tätigkeiten beschäftigen und etwa Fußballspiele anschauen. Halten sich Arbeitnehmer nicht an diese Vorgaben, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen, die von der Abmahnung bis hin zur Kündigung reichen können. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn der Arbeitgeber sich damit einverstanden erklärt, dass die Spiele auch während der Arbeitszeit verfolgt werden dürfen.
II. Internetnutzung am Arbeitsplatz
Eine weitere Frage ist, ob es dem Arbeitnehmer gestattet ist, sich im Firmeninternet über den Verlauf des Fußballspiels zu informieren. Ist die private Nutzung des Internets verboten, so gilt dieses Verbot auch während der WM. Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Köln kann bereits das wenige Sekunden umfassende Anschauen eines Fußballspiels eine Abmahnung rechtfertigen (ArbG Köln v. 28. August 2017 – 20 Ca 7940/16).
Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich die private Nutzung des Firmeninternets erlaubt, ist Vorsicht geboten. Dies bedeutet nämlich nicht, dass es zugleich gestattet ist, ein Fußballspiel über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Zum einen gibt es in vielen Unternehmen entsprechende Richtlinien bzw. Betriebsvereinbarungen zur Art und zum Umfang der Privatnutzung, die auch während der WM gelten. Selbst wenn es solche Vorgaben aber nicht gibt, muss sich die Privatnutzung im normalen bzw. angemessenen zeitlichen Umfang bewegen, da in dieser Zeit die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht wird (BAG v. 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06). Eine genaue Grenzziehung lässt sich nur im Einzelfall vornehmen. Das kurze Abfragen der Spielstände per Liveticker dürfte sich jedenfalls als zulässig erweisen, während das Verfolgen des gesamten Spiels über die übliche Nutzung hinausgeht. Bei Verstößen drohen Konsequenzen, die bei erheblichen Verstößen bis hin zur Kündigung reichen können (BAG v. 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04).
Aus Sicht des Arbeitgebers ist es – auch außerhalb der WM – im Fall der Gestattung der Privatnutzung notwendig, den erlaubten Nutzungsumfang präzise zu regeln. Dabei sollte der Betriebsrat mit einbezogen werden.
III. Dürfen Spiele über das Radio während der Arbeitszeit verfolgt werden?
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erfüllt ein Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, seine Arbeitspflicht, auch wenn er daneben Radio hört (BAG v. 14. Januar 1986 – 1 ABR 75/83). Dies ist aber kein Freibrief, Fußballspiele in voller Länge im Radio zu verfolgen. Zum einen darf das Radiohören weder die eigene Konzentration noch Kollegen oder Kunden beeinträchtigen. Zum anderen muss beachtet werden, dass die Ablenkung beim Verfolgen eines gesamten Spiels im Radio wesentlich höher ist als etwa beim Anhören von Musik, die regelmäßig nur im Hintergrund läuft. Es hängt also vieles von der konkreten Tätigkeit ab. Arbeitgeber sind insofern angehalten, eine offene Kommunikationspolitik zu betreiben, um nachträgliche Unstimmigkeiten zu vermeiden.
IV. Urlaubsanspruch an Spieltagen?
Das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) kennt keinen Anspruch auf Gewährung des Urlaubs für einen bestimmten Tag. Allerdings sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Wollen aber beispielsweise sehr viele Arbeitnehmer am 27. Juni Urlaub nehmen, um die Nationalmannschaft gegen Südkorea anzufeuern, kann der Arbeitgeber die Gewährung des Urlaubs unter Umständen wegen entgegenstehender dringender betrieblicher Belange verweigern. Solche Belange können gegeben sein, wenn wegen zahlreicher Urlaubswünsche im selben Zeitraum eine Unterbesetzung im Betrieb droht.
Keinesfalls sollte der Arbeitnehmer mit unlauteren Mitteln versuchen, die Erteilung des Urlaubs zu erzwingen. So kann die Ankündigung einer „Erkrankung" für den Fall, dass dem Urlaubsanspruch nicht entsprochen wird, ein Kündigungsgrund darstellen (BAG v. 12. März 2009 – 2 AZR 251/07). Auch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen hat der Arbeitnehmer zu rechnen, der sich mit einer vorgetäuschten Krankheit arbeitsunfähig meldet (Hessisches LAG v. 1. April 2009, 6 Sa 1593/08). Arbeitgeber sollten bei Verdachtsmomenten in diesem Bereich auch während der WM einschreiten.
V. Arbeitskleidung vs. Fanartikel
Ob Fanartikel auch bei der Arbeit getragen werden dürfen, hängt von der jeweiligen Tätigkeit und den Vorgaben des Arbeitgebers ab. In einigen Berufen ist das Tragen von spezieller Schutzkleidung durch Gesetze oder Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft geregelt. Solche Kleidung darf nicht gegen das Fußballtrikot ausgetauscht werden. Der Arbeitgeber ist hier angehalten, das Tragen der Schutzkleidung sicherzustellen. Das Verweigern des Tragens solcher Kleidung durch den Arbeitnehmer kann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, die bis hin zur Kündigung reichen (Sächsisches LArbG, v. 10. Januar 2017 – 5 Sa 85/16)
Darüber hinaus kann es auch Regelungen zum Tragen von Dienstkleidung, etwa in Betriebsvereinbarungen, geben. Derartige Kleidungsstücke dienen in der Regel einer besonderen Kenntlichmachung im dienstlichen Interesse (BAG v. 13. Februar 2003 – 6 AZR 536/01). Darunter können etwa die weiße Oberbekleidung für Pflegepersonal im Krankenhaus oder Anzug und Krawatte in bestimmten, gerade kundenorientierten, Tätigkeiten fallen. Auch diese Bekleidungsregelungen gelten während der Fußball-WM, weshalb sich der Arbeitnehmer nicht eigenmächtig darüber hinwegsetzen sollte. Aus Arbeitgebersicht sollte auch insoweit eine frühzeitige Kommunikation erfolgen.
VI. Fazit – Klare Absprachen helfen beiden Seiten
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass auch während der WM die üblichen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis gelten. Häufig hängt es insoweit vom Einzelfall ab, was am Arbeitsplatz erlaubt ist und was nicht. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, helfen daher klare Absprachen und eine offene Kommunikation seitens des Unternehmens. So lassen sich für die kommenden vier Wochen Regelungen finden, die die Interessen beider Seiten berücksichtigen – die einzige Unsicherheit bleibt dann lediglich der sportliche Erfolg.