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Entgelttransparenzrichtlinie – Auskunftsrechte und Berichtspflichten

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Während sich unser zweiter Beitrag zur Blogserie Equal Pay und Entgelttransparenz auf Pflichten während des Einstellungsprozesses und Transparenz während der Beschäftigung konzentrierte, geht es in diesem Beitrag um zwei weitere zentrale Elemente der EU-Entgelttransparenzrichtlinie (ETRL) – und zwar solche, die mittelfristig besonders auf die Personal- und Vergütungspraxis durchschlagen dürften: Die Auskunftsrechte der Arbeitnehmenden sowie die Berichtspflichten des Arbeitgebers.

Blogserie: Equal Pay und Entgelttransparenz

Lohngleichheit ist nicht länger nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern wird zur gesetzlichen Pflicht. Mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie kommen neue Anforderungen auf Unternehmen zu – von Berichtspflichten bis zu transparenten Vergütungsstrukturen. In unserer Blogreihe zeigen wir, was jetzt zu beachten ist und wie Sie Entgeltgerechtigkeit rechtssicher und strategisch umsetzen können.

I.

Auskunftsrechte: Mehr Transparenz beim Entgelt

Die Auskunftsrechte von Arbeitnehmenden werden durch die Richtlinie erheblich gestärkt (Art. 7 ETRL).

Arbeitnehmende dürfen Auskunft verlangen über:

  • ihre eigene Entgelthöhe sowie die durchschnittlichen Entgelthöhen
  • aufgeschlüsselt nach dem Geschlecht
  • für die Gruppen von Kolleg*innen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten.
Diese Informationen müssen schriftlich zur Verfügung gestellt werden. Die Auskunft kann über Arbeitnehmervertreter*innen oder über Gleichbehandlungsstellen eingeholt werden – je nach nationaler Regelung oder betrieblicher Praxis. Wenn die Antwort unvollständig oder unklar ist, haben Beschäftigte das Recht auf nachvollziehbare Klarstellungen. Nach Eingang eines Antrags muss der Arbeitgeber die Auskunft spätestens innerhalb von zwei Monaten erteilen. Zudem muss die Belegschaft einmal jährlich über dieses Auskunftsrechtinformiert werden. Das Auskunftsrecht besteht unabhängig von der Betriebsgröße.

Praxishinweis:

Zudem werden künftig vertragliche Regelungen unwirksam sein, die Arbeitnehmende an einer Offenlegung des Entgelts hindern. Dies wird auch bei der Vertragsgestaltung und der Formulierung von Geheimhaltungsklauseln zu beachten sein.


II.

Berichtspflichten: Was muss wann veröffentlicht werden?

Kern der Richtlinie ist mehr Transparenz – und zwar nicht nur beim Einstieg ins Arbeitsverhältnis, sondern auch darüber hinaus. Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten sollen künftig regelmäßig in beachtlichem Umfang Bericht über Vergütungsstrukturen erstatten (Art. 9 ETRL).
Die Richtlinie legt fest, welche Informationen die Berichte enthalten müssen. So müssen eine ganze Reihe verschiedene statistische Durchschnitts- und Mediangehälter über die Vergütung im Unternehmen ermitteln und offengelegt werden. . Die Daten müssen sowohl nach dem Grundgehalt als auch auf ergänzende und variable Bestandteile aufgeschlüsselt werden. Hierbei sollten alle zusätzlich zum Grundgehalt gewährten Vergütungen berücksichtigt werden (z.B. Boni, Verpflegungszuschüsse, Fahrvergünstigungen).

Abhängig von der Unternehmensgröße gelten dabei unterschiedliche Anforderungen:

  • Ab 250 Beschäftigten: Jährlicher Bericht ab dem 7. Juni 2027
  • 150 bis 249 Beschäftigte: Alle drei Jahre ein entsprechender Bericht ab dem 7. Juni 2027
  • 100 bis 149 Beschäftige: Alle drei Jahre ein entsprechender Bericht ab dem 7. Juni 2031
  • Für Unternehmen mit unter 100 Beschäftigten bleibt es den Mitgliedsstaaten selbst überlassen, ob eine Pflicht bestehen soll.
Die ersten Berichte sind somit bereits 2027 fällig und werden die Lage im Unternehmen im Jahr 2026 abbilden. Bislang sind nur Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten berichtspflichtig (§ 21 EntgTranspG). Die Schwelle wurde nun deutlich herabgesenkt.
Arbeitgeber haben die Informationen allen Arbeitnehmenden zur Verfügung zu stellen. Hierfür kann der Arbeitgeber die Informationen auf seiner Website veröffentlichen oder sie auf andere Weise zugänglich machen. Weiterhin sind die Informationen einer in den jeweiligen Mitgliedsstaaten eingerichteten Überwachungsstelle mitzuteilen, die diese Daten auf der Webseite in leicht zugänglicher Form veröffentlicht. Wo diese Stelle in Deutschland eingerichtet sein soll, ist noch nicht entschieden.


III.

Was passiert bei Lohnunterschieden? – Maßnahmenpflicht bei Abweichungen

Besonders praxisrelevant und völlig neu in Deutschland wird eine gemeinsame Entgeltbewertung sein, die an die Berichtspflichten anknüpft.
Die gemeinsame Entgeltbewertung ist von Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertreter*innen durchzuführen und darauf gerichtet, die Gründe für das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zu ermitteln und abzustellen.

Die gemeinsame Entgeltbewertung ist dabei an drei Voraussetzungen geknüpft:

  • aus der Berichterstattung ergibt sich ein Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe zwischen den Geschlechtern in Höhe von mindestens 5 % in einer Gruppe von Arbeitnehmern mit gleicher und gleichwertiger Arbeit,
  • der Arbeitgeber kann diesen Unterschied nicht auf der Grundlage objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien rechtfertigen und
  • er kann den Unterschied auch nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Berichterstattung korrigieren.
Die genaue Umsetzung in Deutschland bleibt noch abzuwarten. Fakt ist aber: Die Richtlinie will weg von reinen Statistiken hin zu verbindlichem Handlungsdruck, wenn strukturelle Ungleichheiten sichtbar werden.


IV.

Was heißt das für die Zukunft?

Mit den Berichts- und Maßnahmenpflichten bei Gehaltslücken erhält die ETRL echte Regelungstiefe. Arbeitgeber werden künftig darlegen müssen,
  • wie hoch der „Gender Pay Gap“ ausfällt,
  • ob es systematische Abweichungen bei gleichen oder gleichwertigen Tätigkeiten gibt,
  • ob und nach welchen objektiven Kriterien Entgeltunterschiede geschlechtsneutral gerechtfertigt sind (z. B. Qualifikation, Berufserfahrung, Leistung).
Für Unternehmen bedeutet dies: Vergütungssysteme müssen transparent dokumentiert und nachvollziehbar gemacht werden. Wer dabei heute schon gut aufgestellt ist, verschafft sich nicht nur rechtliche Sicherheit – sondern auch einen Vorsprung im Wettbewerb um Talente.

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