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I want to ride my bicycle: Der TV-Fahrradleasing auf dem Prüfstand

dienstrad
Der Trend des Dienstfahrrades ist mittlerweile auch im kommunalen öffentlichen Dienst angekommen. Auch hier wurde nun erkannt: Dieses Angebot steigert nicht nur die Attraktivität von Arbeitgeber*innen, sondern fördert auch die Gesundheit der Mitarbeitenden und beeinflusst die Ökologie positiv.
Nachdem viele private Unternehmen ihren Angestellten bereits seit Jahren ein Fahrradleasing ermöglichen, ist dies für Beschäftigte im öffentlichen Dienst eher noch Neuland. Möglich gemacht wurde die Option der Entgeltumwandlung zum Zwecke des Leasings von Fahrrädern im kommunalen öffentlichen Dienst durch den entsprechenden Tarifvertrag (TV-Fahrradleasing). Dieser wurde mit der Tarifeinigung vom 25. Oktober 2020 beschlossen und ist mit Wirkung zum 1. März 2021 in Kraft getreten. Nun steht die Bewertung der praktischen Umsetzung des Tarifvertrages seitens der Tarifvertragsparteien bevor, hierzu haben sie sich bis zum 31. Oktober 2022 verpflichtet. Im Zuge dessen soll auch eine Neubewertung der Regelungen diskutiert werden.

I.

Für wen gilt der TV-Fahrradleasing?

Der TV-Fahrradleasing selbst räumt Beschäftigten der Kommunen keinen Anspruch auf eine Entgeltumwandlung zum Fahrradleasing ein. Entscheiden sich Arbeitgeber*innen aber für die Umsetzung des TV-Fahrradleasings, so müssen sie es allen Beschäftigten anbieten, die in den Geltungsbereich fallen.
Hinsichtlich der Entscheidung, ob das Fahrradleasing eingeführt wird, besteht kein kollektivrechtliches Mitbestimmungsrecht des Personalrates. Ein solches kann sich in Bezug auf die Ausgestaltung der nicht im Tarifvertrag abschließend geregelten Bedingungen ergeben.
Der Tarifvertrag gilt nur für Beschäftigte, die in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu Arbeitgebenden stehen, die Mitglied eines Mitgliedverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sind, und unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) oder des Tarifvertrages Versorgungsbetriebe (TV-V) fallen. Ausgenommen von den Regelungen des Tarifvertrages sind nach § 1 Abs. 2 Auszubildende, Schüler*innen, Dual Studierende sowie Praktikant*innen, geringfügig Beschäftigte und Beschäftigte in der Freistellungsphase des Altersteilzeitblockmodells.

II.

Umsetzung: mehrere Vertragsschlüsse notwendig

Zur Umsetzung der Entgeltumwandlung schließen Arbeitgeber*innen Leasingrahmenverträge mit Leasingunternehmen und über die einzelnen Fahrräder in der Regel Einzelleasingverträge. Die Arbeitgeber*innen werden damit Vertragspartner.
Die Wahl des Leasingunternehmens steht allein den Arbeitgeber*innen zu, nicht den Beschäftigten. Die Kommunen haben hierbei auch die Regelungen des Vergaberechts zu beachten. In dem Leasingrahmenvertrag werden unter anderem die Zahlungsabwicklung, Formalitäten zum Leasing, die Vertragslaufzeiten und die Versicherung geregelt. Häufig sind Leasingfirmen als Mittler eingesetzt, die die Verträge mit den einzelnen Fahrradhändler*innen schließen. Das Fahrrad einschließlich seines leasingfähigen Zubehörs darf dabei einen Wert von 7.000,00 Euro nicht überschreiten (§ 4 Abs. 2).
Mit ihren Beschäftigten schließen die Arbeitgeber*innen sodann zwei unterschiedliche Verträge: den Entgeltumwandlungsvertrag und den Überlassungsvertrag. Beide werden individuell einzelvertraglich und zusätzlich zum regulären Arbeitsvertrag geschlossen.
Bei der Entgeltumwandlung wird die monatliche Rate für die Nutzung des Fahrrads als Barlohn umgewandelt und dann vom Bruttolohn abgezogen. Der Entgeltumwandlungsvertrag muss daher die Höhe des umzuwandelnden Entgelts, die Art des monatlichen Entgelts, den Zweck der Entgeltumwandlung und deren Beginn und Ende beinhalten. Darüber hinaus sollte er das Leasingunternehmen bezeichnen sowie Regelungen für Störfälle, wie zum Beispiel das Ausscheiden des oder der Beschäftigten oder Zeiträume, in denen kein Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung besteht, erfassen. Im Rahmen des Fahrradleasings können grundsätzlich nur künftige monatliche Entgeltbestandteile umgewandelt werden, also regelmäßig das Tabellenentgelt. Nicht umwandelbar sind hingegen Leistungen, die zusätzlich zum Tabellenentgelt oder nur einmalig geleistet werden, wie z.B. Jahressonderzahlungen. Die Entgeltumwandlung beginnt mit der Entgeltzahlung im Monat der Übernahme des Fahrrads.
Die Tarifbeschäftigten haben die Möglichkeit, das Fahrrad sowohl für dienstliche als auch private Zwecke zu nutzen. Dies regeln die Parteien im Rahmen der Überlassungsvereinbarung. Diese soll die Überlassung eines bestimmten Fahrrades (im Sinne des § 63a StVZO) und ggf. dessen Zubehör oder mit ihm verbundenen Zusatzleistungen (wie z.B. Versicherungen) zur Nutzung regeln und entsprechende Rechte und Pflichten der Beschäftigten ausgestalten. Pro Beschäftigtem/Beschäftigter ist die Überlassung nur eines einzigen Fahrrades möglich, dieses können sich die Beschäftigten selbst aus dem Angebot des entsprechenden Leasingunternehmens auswählen. Im Wege der Überlassungsvereinbarung kann auch geregelt werden, ob die Beschäftigten ihr Leasingrad auch Dritten zur Verfügung stellen dürfen, beispielsweise Familienangehörigen. Die maximale Nutzungsdauer ist tarifvertraglich auf maximal 36 Monate begrenzt, eine kürzere Laufzeit ist grundsätzlich möglich, sie ist entsprechend in den Vereinbarungen zum Leasing festzuhalten. Eine vorzeitige Kündigung des Entgeltumwandlungsvertrages und der Überlassungsvereinbarung ist nur aus wichtigem Grund gestattet, ein solcher kann beispielsweise in einem Unfall oder einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages zwischen Leasingunternehmen und Arbeitgeber*in begründet liegen. Das Fahrrad bleibt über den Zeitraum des Leasings hinweg stets im Eigentum der Leasingfirma.

III.

Für wen gilt der TV-Fahrradleasing?

Mit dem TV-Fahrradleasing haben die Tarifvertragsparteien für die Tarifbeschäftigten im kommunalen Bereich den Zugang zu Vorteilen im Zusammenhang mit der Entgeltumwandlung eröffnet. Durch die Entgeltumwandlung kommt es zu einer Minderung des zu versteuernden Einkommens und zur Senkung der Sozialversicherungsbeiträge.
Zu beachten gilt allerdings, dass der geldwerte Vorteil der Fahrradnutzung zu versteuern ist. Beschäftigte sollten sich also vor Augen führen, dass im Zuge der Entgeltumwandlung während der Leasingdauer weniger Beiträge an die Rentenkasse und die Zusatzversorgungseinrichtungen gezahlt werden. Dadurch reduziert sich zwangsläufig auch der Leistungsanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der betrieblichen Altersversorgung in überschaubarem Umfang.
Für Arbeitgeber*innen ergibt sich ein zusätzlicher Aufwand im Zuge der Umsetzung des TV-Fahrradleasings. Dennoch sollten sie unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität insbesondere auch für jüngere Arbeitnehmer*innen von der Möglichkeit in jedem Fall Gebrauch machen. Die Tarifvertragsparteien als solche haben mit der Schaffung des TV-Fahrradleasings zumindest ihr Bestreben, auch im kommunalen öffentlichen Dienst flexible und zukunftsorientierte Tarifregelungen zu ermöglichen, deutlich gemacht. Arbeitnehmende können so selbst entscheiden, ob sie mitmachen und ob es ein Drahtesel für den Alltag oder ein High-Tech-Sportgerät sein soll – ganz nach Bedarf und Gusto.
Wir danken unserer Referendarin Frau Annika Klotzko für die Mitwirkung an diesem Artikel.

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