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Faktoren eines nachhaltigen Human Resources Managements (Teil I)

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Nachdem wir bereits die immer größer werdende Bedeutung eines nachhaltigen Human Resources Managements im ersten Teil unserer Blogreihe sowie die Vorgaben, die durch die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive gemacht werden, dargestellt haben, soll es nun um einzelne Faktoren gehen, mit denen HR-Management nachhaltig gestaltet werden kann. Bei sämtlichen Maßnahmen geht es letztlich um die langfristige Motivation von Beschäftigten, um die Akquise neuer Fachkräfte, den Erhalt und die Verbesserung der menschlichen Arbeitskraft sowie den Umweltschutz. All dies trägt entscheidend zu einem modernen Unternehmen bei, das sich auf enger werdenden Märkten behaupten kann, ohne dabei menschliche Bedürfnisse aus dem Blick zu verlieren.
In diesem und dem folgenden Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf einzelne und aus unserer Sicht besonders empfehlenswerte Maßnahmen eines nachhaltigen Human Resources Managements

Blogserie: Nachhaltigkeit

Wer bei Nachhaltigkeit zuerst an Bio-Lebensmittel, Fahrrad statt Auto und recyclebare Verpackungen denkt, liegt sicher nicht falsch – inzwischen umfasst das Thema allerdings noch viele Bereiche mehr. Auch im Human Resources Management spielt der Begriff eine immer größere Rolle.

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I.

Diversitymanagement

Nach Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes darf niemand wegen des Geschlechtes, der Abstammung, der „Rasse“, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauungen oder wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Auch § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verbietet eine Benachteiligung aus diesen Gründen.
Ein erfolgreiches Diversitymanagement sollte heutzutage jedoch über dieses gesetzliche Pflichtprogramm hinausgehen. Eine Verhinderung von Benachteiligung kann dabei nur der erste Schritt sein. Vielmehr müssen Unternehmen die Vielfalt des menschlichen Lebens und damit auch ihrer Belegschaft anerkennen und arbeitsrechtlich spiegeln. Das ist zu abstrakt? Es bieten sich insbesondere folgende Maßnahmen an:
Der Verzicht auf das generische Maskulinum hat sich in vielen Bereichen, in denen Unternehmen nach außen auftreten, bereits auf breiter Front durchgesetzt. Es empfiehlt sich, dies auch in rechtlichen Werken, so beispielsweise in Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen umzusetzen. Es ist ohne weiteres möglich, die im Unternehmen ohnehin verwandte geschlechtsneutrale Sprache auch hier zu nutzen. Sogar der Gesetzgeber gendert in neueren Normen. Etwa bei Stellenausschreibungen ist das Verwenden einer geschlechtsneutralen Sprache sogar unverzichtbar. In der Verwendung des generischen Maskulinums ohne entsprechende Hinweise auf andere Geschlechter liegt regelmäßig ein Indiz für eine geschlechtsspezifische Diskriminierung, was zu empfindlichen Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen gegen Unternehmen führen kann. Das Gendern in Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen kann dazu beitragen, das Risiko von Diskriminierungsklagen zu minimieren. Außerdem spiegelt etwa die Verwendung passender Anreden und Geschlechtspronomen in individuellen Verträgen eine Wertschätzung der Beschäftigten wider.
Durch den Verzicht auf die Fähigkeit, fließend Deutsch zu sprechen, können neue Fachkräfte akquiriert werden. Nicht deutschsprachige Beschäftigte können dazu beitragen, neue (ausländische) Märkte zu erschließen und Kund*innen zu akquirieren, die in ihrer Muttersprache angesprochen werden können. Begleitet werden sollte die Einstellung mit Deutschkursen, die auch während der Arbeitszeit stattfinden können. Eine Diskriminierung von bereits deutschsprechenden Beschäftigten liegt hierin nicht, da nach § 5 AGG positive Maßnahmen zulässig sind, die eine Förderung bisher benachteiligter Gruppen bewirken.
Zur nachhaltigen Umsetzung können auch Schulungsveranstaltungen insbesondere für Führungskräfte, die für Diversity-Themen sensibilisieren, beitragen. Nach § 12 Abs. 2 AGG „sollen“ Unternehmen Beschäftigte auf die Unzulässigkeit von Benachteiligungen hinweisen. Schulungen der Beschäftigten werden hierbei sogar ausdrücklich hervorgehoben. Sie sind sowohl durch externes Personal wie auch durch geeignete eigene Mitarbeitende durchführbar. Hierbei können Unternehmen alleine entscheiden, ob Schulungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dem Betriebsrat steht insoweit kein zwingendes Mitbestimmungsrecht zu. Freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind natürlich möglich. Anders ist dies nur bei der Durchführung sog. betrieblicher Bildungsmaßnahmen nach § 98 BetrVG zu beurteilen, bei denen der Betriebsrat zwingend miteinzubeziehen ist.

II.

Soziale Nachhaltigkeit vor dem Hintergrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und statuiert für Unternehmen eine Vielzahl von Pflichten zur Einhaltung menschenrechts- und umweltbezogener Rechte in ihren Lieferketten.
Das Gesetz wirft auch einige arbeitsrechtliche Fragestellungen auf. Unternehmen sind gut beraten, die normierten Rechte und Pflichten einzuhalten. Denn dies wird behördlich kontrolliert und kann mit empfindlichen Bußgeldern sanktioniert werden. Unternehmen sollten das neue Pflichtenprogramm zum Anlass nehmen, offensiv nach außen (etwa gegenüber Kundinnen und Kunden) und auch gegenüber den eigenen Beschäftigten mit nachhaltigen Lieferketten zu werben. Die entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen müssen sie ohnehin einhalten, sodass Synergieeffekte genutzt werden können.

Nach dem LkSG sind insbesondere Kinder- und Zwangsarbeit verboten. Die Arbeitsschutzvorschriften des Beschäftigungsortes sind einzuhalten. Verboten sind die Missachtung der Koalitionsfreiheit und Diskriminierungen. Die Löhne müssen angemessen sein. Unternehmen werden verpflichtet, ein wirksames Risikomanagement einzurichten, das die Aufgabe hat, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken zu erkenne und zu verhindern. Hierzu ist auch eine Risikoanalyse durchzuführen, angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen sind zu ergreifen. Außerdem müssen Unternehmen ein entsprechendes Beschwerdeverfahren einrichten. Über das sich teilweise überschneidende Meldesystem nach der Whistleblower-Richtlinie haben wir hier bereits berichtet.

Insgesamt sollten Unternehmen das LkSG als Chance begreifen, auf nachhaltige, menschenwürdige und umweltschonende Lieferketten hinzuwirken und diese auch als Mittel der Kund*Innen- und Beschäftigten-Akquise einzusetzen und so zudem ihre Corporate Identity zu verbessern.

III.

Betriebliche Gesundheitsförderung

Die betriebliche Gesundheitsförderung soll über den gesetzlichen Rahmen des Arbeitsschutzrechts hinausgehen. Es sind vielfältige Maßnahmen denkbar, die ein Unternehmen ergreifen kann.
Dem Betriebsrat steht insoweit kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zu. Betriebsverfassungsrechtliche Regelungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung können lediglich im Wege der freiwilligen Mitbestimmung nach § 88 BetrVG erlassen werden. In der Praxis bewährt haben sich beispielweise Betriebssport, insbesondere Rückenschulen, gesundheitsfördernde Arbeitsplatzgestaltung (hochfahrbarer Schreibtisch, Sitzbälle, augenschonende IT-Infrastruktur) und die Etablierung raucherfreier Betriebe verbunden mit Kursen zur Zigarettenentwöhnung. Ebenfalls können Unternehmen der Belegschaft Fitnessequipment oder auch Smartwatches zur Verfügung stellen, die zu mehr Bewegung im Alltag motivieren. Bei letzterem sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten.
All die genannten Beispiele tragen zu einem gesunden Betriebsklima und einer langfristig motivierten und gesunden Belegschaft mit geringen Krankenständen bei. In arbeitsrechtlicher Hinsicht kommt das Unternehmen zudem seiner vertraglichen Nebenpflicht des Gesundheitsschutzes nach.

IV.

Betriebliche Altersversorgung als nachhaltiges Anreiz- und Vergütungssystem

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) hat zu Unrecht ein leicht angestaubtes Image. Tatsächlich eignet sie sich hervorragend, um Fachkräfte zu akquirieren und vor allem langfristig an das Unternehmen zu binden.
Gerade in Zeiten unsicherer Renten kann die bAV im aktuellen Bewerbermarkt ein gewichtiges Argument darstellen. Zwar stellt die bAV eine freiwillige Sozialleistung der Arbeitgeberin dar, auf bAV durch Entgeltumwandlung haben Beschäftigte allerdings einen gesetzlichen Anspruch. Es empfiehlt sich, dass Unternehmen sich frühzeitig über die Einführung Gedanken machen, so etwaigen Ansprüchen aus der Belegschaft zuvorkommen und die bAV als Anreizsystem proaktiv nutzen. Typischerweise steigen Betriebsrenten mit höherer Betriebszugehörigkeit, was Beschäftigte (auch) von einem Arbeitsplatzwechsel abhalten kann.

Für Unternehmen kostengünstig und verwaltungsarm ist die Umwandlung eines Teils des Arbeitslohns. Hierbei zahlen Beschäftigte Teile ihres Bruttolohns in einen bAV-Vertrag ein. Häufig wird hierfür der Durchführungsweg der Direktversicherung gewählt. Unternehmen schließen dazu eine Lebens- oder Rentenversicherung bei einem Versicherungskonzern ab und stocken die Beiträge der Beschäftigten mit eigenen Mitteln auf. Die Beiträge sind bis zu bestimmten Grenzen steuer- und sozialversicherungsfrei. Da eine Versicherung involviert ist, übernimmt diese die Durchführung, was den Verwaltungsaufwand minimiert. Betriebliche Versorgungssysteme sollten auf rechtssichere vertragliche Grundlagen gestellt werden, da gewisse Haftungsrisiken bestehen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG stehen Unternehmen für die Erfüllung der Betriebsrenten auch dann ein, wenn die Durchführung über eine Versicherung erfolgt. Unser Expertenteam bAV berät Sie hierzu gerne.

Nachhaltiges Personalmanagement kann letztlich nur funktionieren, wenn sich Unternehmen und Beschäftigte sowie der Betriebsrat als gleichwertige Partner begreifen und an einem Strang ziehen. Ausgehend von den individuellen Bedürfnissen der Belegschaft, müssen Unternehmen Systeme schaffen, die eine faire und gleichberechtigte Teilhabe sicherstellen. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die arbeitsrechtliche Implementierung zu legen. In unserem nächsten Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf Themen zur umweltbewussten Unternehmensführung und flexible Arbeitsmodelle.

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