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5 Minuten Lesezeit (1090 Worte)

Grenzenlose Möglichkeiten? Bürokratische Hürden als Stolpersteine einer gelungenen Fachkräftezuwanderung

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Der in Deutschland bestehende Fachkräftemangel ist derzeit in aller Munde und erweist sich neben weiteren Herausforderungen als Bremse für den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Bereits aktuell können durch den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Entwicklung beobachtet werden.

Im vierten Quartal 2022 belief sich die Zahl der unbesetzten Arbeitsstellen auf rund 1,98 Millionen. Dies stellt den höchsten jemals gemessenen Wert dar. Studien prognostizieren sogar, dass Deutschland bis zum Jahre 2035 über sieben Millionen Arbeitskräfte verlieren wird. Um diesem Problem sachgerecht zu begegnen, muss der Blick zwangsläufig über die nationalen und europäischen Grenzen hinweg auf Fachkräfte aus Nachbar- und Drittstaaten gerichtet werden. Im Spannungsfeld des Fachkräftemangels und dem Bemühen um eine geordnete Migration hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren durch die Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes im Jahr 2020 sowie umfangreiche Anpassungen im Jahr 2023 versucht, gut qualifizierten Ausländer*innen, einen einfachen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Auf welche Art Letzteres gelingen soll, wird im Folgenden einer genaueren Betrachtung unterzogen.

Blogserie: Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel belastet Unternehmen weltweit. Qualifizierte Arbeitskräfte sind knapp, was die Produktivität hemmt und Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. In unserer Blogreihe möchten wir Ihnen unterschiedliche Möglichkeiten aus Sicht des Arbeitsrechts aufzeigen, die Ihr Unternehmen attraktiver machen können im harten Wettbewerb um Mitarbeitende.


Autor dieses Beitrags

Dr. David Sundermann

sowie Sarah Schmitz (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

I.

Innereuropäische Arbeitnehmer*innen in Deutschland

Die Beschäftigung von Arbeitnehmer*innen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie des Europäischen Wirtschaftsraumes stellt sich als unproblematisch dar. Für sie gilt das in Ansehung der Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Art.
45 AEUV erlassene Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern, welches ihnen die Einreise und den Aufenthalt nach und in Deutschland in sehr weitem Umfang ermöglicht. Zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist hiernach weder das Vorliegen eines Aufenthaltstitels noch das einer ausländerrechtlichen Arbeitserlaubnis erforderlich. Für Arbeitgeber ergeben sich insoweit bei der Beschäftigung innereuropäischer Arbeitnehmer*innen gegenüber der Beschäftigung deutscher Arbeitnehmer*innen keine Besonderheiten, Stellen können beispielsweise auch europaweit ausgeschrieben werden.

II.

Arbeitnehmer*innen aus Drittstaaten

Dass sich der hierzulande bestehende Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften allein durch die Gewinnung innereuropäischer Arbeitnehmer*innen lösen lässt, gilt allerdings als praktisch ausgeschlossen. Erforderlich ist es vielmehr auch Drittstaatsangehörige, also nicht EU-Bürger*innen, für eine Erwerbsmigration nach Deutschland zu gewinnen.
Hierzu ist es erforderlich, diesen einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik zu ermöglichen, wofür ein Aufenthaltstitel notwendig ist. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltstitel sind im Einzelnen im Aufenthaltsgesetz (im Folgenden: AufenthG) geregelt. Allgemeine Voraussetzungen sind dabei die Sicherung des Lebensunterhalts, die Klärung von Identität und Staatsangehörigkeit, der Besitz eines gültigen Passes, das Nichtvorliegen eines Ausweisungsgrundes und die Nichtbeeinträchtigung bzw. -gefährdung der Interessen Deutschlands durch den Aufenthalt der betreffenden Person. § 4a Absatz 1 AufenthG regelt, dass Ausländer, die einen Aufenthaltstitel besitzen, im Grundsatz eine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen.

Anders ist dies nur, wenn gesetzlich ein Verbot vorgesehen ist. Dabei gilt der Grundsatz der Bedarfszuwanderung. Das heißt, dass das Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebots Voraussetzung für den Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit ist (zur Ausnahme durch die neu eingeführte Chancenkarte siehe unten). Ist dies der Fall und sind auch sonstige notwendige Voraussetzungen (zur Möglichkeit der Fachkräfteeinwanderung insbesondere das Vorliegen eines gleichwertigen oder vergleichbaren Hochschul- oder Berufsabschlusses, ein gewisses Mindestgehalt etc.) erfüllt, so erfolgt die Einreise in der Regel mit einem Visum, mit welchem dann in Deutschland selbst eine Aufenthaltserlaubnis beantragt wird. Eine Zusammenfassung der für die verschiedenen Aufenthaltstitel notwendigen Voraussetzungen finden Sie hier.

1. Erleichterter Zugang zur Erwerbstätigkeit für Drittstaatsangehörige: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Bereits am 01.03.2020 ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft getreten, durch welches die Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten erleichtert werden sollte. In diesem Zuge wurde auch der oben bereits angesprochene § 4a Absatz 1 AufenthG geschaffen, der den Grundsatz des Zugangs zur Erwerbstätigkeit statuiert. Daneben kam es zu einer Lockerung der materiellen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln an Fachkräfte sowie zu einer Erweiterung der bis dahin bestehenden Möglichkeiten des Aufenthalts zum Zwecke der Arbeitsplatzsuche für Fachkräfte. Zudem wurden Neuregelungen im arbeitsmigrationsrechtlichen Verfahrensrecht geschaffen mit dem Ziel für Fachkräfte ein beschleunigtes Verfahren zu ermöglichen. Die hiermit angestrebten Effekte sind jedoch (noch) nicht in dem gewünschten Maße eingetreten. Dennoch ist mit diesem ersten Fachkräfteeinwanderungsgesetz zumindest im Grundsatz eine Wandlung der ursprünglich auf Abwehr gerichteten Methodik hin zu einer vielfach ausdrücklich erwünschten Zuwanderung von Fachkräften erfolgt.

2. Das „neue“ Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Um diese Entwicklung fortzusetzen und damit den Fach- und Arbeitskräftebedarf für die Zukunft zu sichern, werden mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung vom 16.08.2023 nun weitere Erleichterungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt geschaffen. So sind bereits mit Wirkung zum November dieses Jahres die Einwanderungsmöglichkeiten mit der sogenannten Blauen Karte EU reformiert und ausgeweitet worden. Bei der Blauen Karte EU handelt es sich um einen befristeten Aufenthaltstitel für Hochschulabsolvent*innen aus Drittstaaten sowie Drittstaatsangehörige mit besonderer beruflicher Erfahrung. Die zu ihrem Erhalt statuierten Gehaltsgrenzen wurden nun abgesenkt und die Möglichkeit, einen solchen Aufenthaltstitel erlangen zu können, wurde einem größeren Personenkreis eröffnet, unter anderem auch durch eine Erweiterung der Liste sogenannter Engpassberufe, für die eine niedrigere Gehaltsschwelle gilt (nun 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung). Ebenfalls seit November schon gilt die in dem Gesetz vorgesehene Ausweitung von Aufenthaltsmöglichkeiten zum Zwecke der Suche eines Ausbildungsplatzes, bei denen unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthalt gewährt wird, ohne dass die betreffende Person – wie ansonsten erforderlich – bereits einen Ausbildungsplatz nachweisen kann.
Ab Juni 2024 wird zudem die sogenannte Chancenkarte zur Jobsuche eingeführt. Diese wird nach einem unter anderem an berufliche Qualifikationen anknüpfenden Schema vergeben und gilt zunächst für maximal ein Jahr, in dem dann Möglichkeiten zur Probearbeit oder einer Nebenbeschäftigung gewährt werden. Voraussetzung ist, dass der Lebensunterhalt während der Dauer der Erteilung gesichert werden kann. Das Ziel ist es, während oder nach diesem Zeitraum einen anderen Erwerbstitel nach dem Aufenthaltsgesetz zu erlangen. Sollte dies nicht gelingen, aber dem/r betroffenen Drittstaatsangehörigen gleichwohl ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung vorliegen, besteht die Möglichkeit der Verlängerung der Chancenkarte um einen Zeitraum von weiteren zwei Jahren. Da die Chancenkarte gerade die Jobsuche erleichtern soll, ist zu ihrem Erhalt zwar der Nachweis einer hinreichenden finanziellen Absicherung, nicht aber bereits das Vorliegen eines Arbeitsvertrags beziehungsweise eines konkreten Jobangebots erforderlich.

III.

Fazit und Ausblick

Ob das „neue“ Fachkräfteeinwanderungsgesetz sich als geeignet und ausreichend erweist, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten, erscheint insgesamt fraglich.
Zwar finden sich verschiedene Lösungsansätze zu Einzelproblemen in dem Gesetz, doch lässt dieses ein vielversprechendes und strukturiertes Gesamtkonzept weiterhin vermissen. Unabhängig davon zeigt sich in der täglichen Praxis, dass sich vor allem langwierige Verfahren und die Überlastung der zuständigen Behörden als Zuwanderungsbremse erweisen. Insoweit sollten bei der Beantragung von Aufenthaltstiteln zusätzliche und vermeidbare Fehler vermieden werden und die entsprechende Fachkraft entsprechend unterstützt werden, um weitere unnötige Verzögerungen verhindert werden können.

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