Grenzenlose Möglichkeiten? Bürokratische Hürden als Stolpersteine einer gelungenen Fachkräftezuwanderung
Im vierten Quartal 2022 belief sich die Zahl der unbesetzten Arbeitsstellen auf rund 1,98 Millionen. Dies stellt den höchsten jemals gemessenen Wert dar. Studien prognostizieren sogar, dass Deutschland bis zum Jahre 2035 über sieben Millionen Arbeitskräfte verlieren wird. Um diesem Problem sachgerecht zu begegnen, muss der Blick zwangsläufig über die nationalen und europäischen Grenzen hinweg auf Fachkräfte aus Nachbar- und Drittstaaten gerichtet werden. Im Spannungsfeld des Fachkräftemangels und dem Bemühen um eine geordnete Migration hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren durch die Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes im Jahr 2020 sowie umfangreiche Anpassungen im Jahr 2023 versucht, gut qualifizierten Ausländer*innen, einen einfachen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Auf welche Art Letzteres gelingen soll, wird im Folgenden einer genaueren Betrachtung unterzogen.
Blogserie: Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel belastet Unternehmen weltweit. Qualifizierte Arbeitskräfte sind knapp, was die Produktivität hemmt und Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. In unserer Blogreihe möchten wir Ihnen unterschiedliche Möglichkeiten aus Sicht des Arbeitsrechts aufzeigen, die Ihr Unternehmen attraktiver machen können im harten Wettbewerb um Mitarbeitende.
Autor dieses Beitrags
Dr. David Sundermann
Innereuropäische Arbeitnehmer*innen in Deutschland
Arbeitnehmer*innen aus Drittstaaten
Anders ist dies nur, wenn gesetzlich ein Verbot vorgesehen ist. Dabei gilt der Grundsatz der Bedarfszuwanderung. Das heißt, dass das Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebots Voraussetzung für den Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit ist (zur Ausnahme durch die neu eingeführte Chancenkarte siehe unten). Ist dies der Fall und sind auch sonstige notwendige Voraussetzungen (zur Möglichkeit der Fachkräfteeinwanderung insbesondere das Vorliegen eines gleichwertigen oder vergleichbaren Hochschul- oder Berufsabschlusses, ein gewisses Mindestgehalt etc.) erfüllt, so erfolgt die Einreise in der Regel mit einem Visum, mit welchem dann in Deutschland selbst eine Aufenthaltserlaubnis beantragt wird. Eine Zusammenfassung der für die verschiedenen Aufenthaltstitel notwendigen Voraussetzungen finden Sie hier.
1. Erleichterter Zugang zur Erwerbstätigkeit für Drittstaatsangehörige: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Bereits am 01.03.2020 ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft getreten, durch welches die Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten erleichtert werden sollte. In diesem Zuge wurde auch der oben bereits angesprochene § 4a Absatz 1 AufenthG geschaffen, der den Grundsatz des Zugangs zur Erwerbstätigkeit statuiert. Daneben kam es zu einer Lockerung der materiellen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln an Fachkräfte sowie zu einer Erweiterung der bis dahin bestehenden Möglichkeiten des Aufenthalts zum Zwecke der Arbeitsplatzsuche für Fachkräfte. Zudem wurden Neuregelungen im arbeitsmigrationsrechtlichen Verfahrensrecht geschaffen mit dem Ziel für Fachkräfte ein beschleunigtes Verfahren zu ermöglichen. Die hiermit angestrebten Effekte sind jedoch (noch) nicht in dem gewünschten Maße eingetreten. Dennoch ist mit diesem ersten Fachkräfteeinwanderungsgesetz zumindest im Grundsatz eine Wandlung der ursprünglich auf Abwehr gerichteten Methodik hin zu einer vielfach ausdrücklich erwünschten Zuwanderung von Fachkräften erfolgt.