Fazit und mögliche Auswirkungen auf die Praxis
Das BAG stößt mit dem Vorlagebeschluss eine Diskussion an, die jedenfalls für die Personalgestellung als erledigt galt. Wie der EuGH entscheiden wird, und ob er der Argumentation des BAG folgt, bleibt abzuwarten. Angesichts der klaren Argumente des 6. Senats gegen die Anwendbarkeit der Leiharbeitsrichtlinie überrascht es allerdings schon, dass die Richter:innen aus Erfurt überhaupt die Vorlage zum EuGH mit ungewissem Ausgang gewählt haben.
In der Sache spricht viel dafür, den Sonderfall der Personalgestellung nicht mit der klassischen Arbeitnehmerüberlassung zu vergleichen. Die Vorlagefrage ist für die Praxis aber nicht nur wegen der Personalgestellung, sondern auch wegen der anderen Möglichkeiten der Personalüberlassung, namentlich der Abordnung und Zuweisung nach § 4 Abs. 1, Abs. 2 TVöD, brisant. Beide Formen der Überlassung sind vorübergehend. Zudem erfolgt im Rahmen der Zuweisung eine temporäre Zuordnung zu Dritten, ohne dass der allgemeine Teil des TVöD zur Anwendung kommt. Die Argumente des BAG gegen die Anwendbarkeit der Leiharbeitsrichtlinie greifen hier nicht ohne Weiteres.
Im Bereich der Abordnung und Zuweisung kann aber die Bereichsausnahme des § 1 Abs. 3 Nr. 2c) AÜG Geltung erlangen. Diese findet aber nur Anwendung, wenn es sich bei dem:der verleihenden und entleihenden Arbeitgeber:in um juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt, welche Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Gleichzeitig stellt sich auch hier die Frage, ob diese Ausnahme mit dem Europarecht zu vereinbaren ist.
Für die Praxis besteht bis zur endgültigen Klärung durch den EuGH nunmehr eine unerfreuliche Rechtsunsicherheit. Sollte die Personalgestellungen in den Anwendungsbereich der Leiharbeitsrichtlinie fallen und sollte auch die Bereichsausnahme des AÜG nicht richtlinienkonform sein, wäre das praxisrelevante Instrument der Personalgestellungen rechtswidrig und damit unbrauchbar. Durch die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten sind auf Dauer angelegte Überlassungen mit dem AÜG unvereinbar. Gleichzeitig kann ein Arbeitsverhältnis mit dem:der Entleiher:in entstehen, auch wenn dies in der Praxis bei gleichbleibenden Arbeitsbedingungen durch die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes keine zu hohe Relevanz entfalten sollte. Auch fehlt öffentlichen Arbeitgeber:innen in aller Regel die notwendige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, sodass auch diesbezüglich dringender Handlungsbedarf bestehen könnte, um bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten zu vermeiden.
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