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Neuerungen der eAU zum Jahreswechsel: Entlastung für Arbeitgeber?
Die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zum 1. Januar 2023 hat in der Praxis einige Probleme mit sich gebracht, die insbesondere Arbeitgebern zu schaffen machen (wir berichteten).
Zum 1. Januar 2025 gibt es erste Modifikationen in der Kommunikation zwischen Krankenkassen und Arbeitgebern. Was sich hierdurch genau ändert und ob dadurch tatsächlich bestehende Probleme gelöst werden können, wird nachstehend ausgeführt.
I.
Neue Rückmeldegründe
Im Rahmen des Datenaustauschs des eAU-Verfahrens sind ab dem 1. Januar 2025 neue Rückmeldegründe vorgesehen. Dadurch soll mehr Klarheit geschaffen werden. Insgesamt gibt es dann folgende Rückmeldegründe gegenüber Unternehmen:
„1“ = Unzuständige Krankenkasse
„2“ = AU
„3“ = Krankenhaus
„4“ = Nachweis liegt nicht vor
„5“ = Reha/Vorsorge
„6“ = Teilstationäre Krankenhausbehandlung
„7“ = In Prüfung
„8“ = Anderer Nachweis liegt vor
„9“ = Weiterleitungsverfahren
Das eAU-Verfahren wird auf Reha- und Vorsorgezeiten erweitert (Rückmeldegrund „5“: Reha/Vorsorge). Wenn es noch Unstimmigkeiten zwischen Krankenkasse und Arztpraxis gibt, wird der Rückmeldegrund „In Prüfung“ („7“) an den Arbeitgeber gesendet. „Andere Nachweise“ im Rahmen des Rückmeldegrunds „8“ sind insbesondere privatärztliche oder ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Durch Rückmeldegrund „9“ wird der Arbeitgeber darüber informiert, dass es eine Meldung von einer anderen Krankenkasse geben wird.
Die genauere Aufschlüsselung der Rückmeldegründe sorgt für mehr Transparenz und lässt den Arbeitgeber, der die eAU regelmäßig weiter selbstständig abrufen muss, nicht mehr gänzlich im Dunklen. Es wird besser ersichtlich, worauf ein etwaiges Fehlen der eAU zurückzuführen ist und was der aktuelle Status ist.
II.
Automatische Übermittlung nach Versand einer Zwischennachricht
Durch die Rückmeldegründe „4“, „7“ und „9“ wird zunächst lediglich eine Zwischennachricht versendet. Sofern den Krankenkassen innerhalb eines Zeitraums von 14 Kalendertagen (Grund „4“ und „9“) beziehungsweise 28 Kalendertagen (Grund „7“) eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zugeht, wird diese im Fall der Zuständigkeit der Krankenkasse automatisch ohne weitere Anfrage an den Arbeitgeber übermittelt.
Hierzu ergibt sich folgendes Beispiel:
Quelle: Verfahrensbeschreibung Version 3.1, Beispiel 10 (Stand: 14.08.2024)
Wenn die Anfrage des Arbeitgebers über das Auswahlfeld „Abwesenheit_ab_AG“ (Hier: 26. April) auf einen Zeitpunkt gerichtet ist, in dem noch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse vorliegt, übermittelt die Krankenkasse dem Arbeitgeber zunächst als Zwischennachricht Rückmeldegrund „4“ (Nachweis liegt nicht vor). Wenn der Krankenkasse dann aber innerhalb eines Zeitraums von 14 Kalendertagen (hier: am 29. April) eine entsprechende eAU zugeht, wird diese dem Arbeitgeber am selben Tag automatisch ohne weitere Anfrage übermittelt.
Die automatisierte Übersendung ist ein Novum und ein erster Schritt in die richtige Richtung. Allerdings ist die automatische Übermittlung auf die genannten Fälle beschränkt. Sie ersetzt also nicht die ursprüngliche Anfrage des Arbeitgebers, sondern betrifft nur die Übermittlung später eintreffender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei anfänglich fehlenden Daten. Es bleibt also dabei, dass eine Anfrage des Arbeitgebers erforderlich ist. Eine lästige und ressourcenaufwändige Mehrfachanfrage entfällt aber. Zudem ändert die später automatische Übermittlung nichts daran, dass im Zweifel bis zu 28 Tage Unklarheit für den Arbeitgeber bestehen.
III.
Vereinfachungen bei Prüfung des Vorliegens einer eAU
Das Vorliegen einer zur Anfrage passenden Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise eines stationären Aufenthalts wird durch die Krankenkassen in folgender Reihenfolge geprüft:
Beginn der vom Arbeitgeber abgefragten Abwesenheit entspricht dem Beginn bei der Krankenkasse;
Beginn der vom Arbeitgeber abgefragten Abwesenheit fällt in eine laufende Arbeitsunfähigkeit oder einen stationären Aufenthalt bei der Krankenkasse;
Beginn der vom Arbeitgeber abgefragten Abwesenheit liegt vor dem Beginn bei der Krankenkasse.
Dabei werden die Prüfschritte so lange fortgesetzt, bis ein Prüfschritt zutrifft.
Hierzu folgendes Beispiel:
Quelle: Verfahrensbeschreibung Version 3.1, Beispiel 3 (Stand: 14.08.2024)
Der von dem Arbeitgeber angefragte Zeitpunkt (24. April) entspricht hier nicht dem Beginn der der Krankenkasse vorliegenden eAU. Auch fällt er nicht in eine laufende Arbeitsunfähigkeit. Vielmehr liegt er (Prüfschritt 3) vor Beginn der bei der Krankenkasse liegenden eAU (z.B., weil die Arbeitsunfähigkeit erst ab dem vierten Tag attestiert wurde). In einem solchen Fall prüft die Krankenkasse, ob eine Arbeitsunfähigkeit innerhalb von fünf Tagen in die Zukunft ab dem angefragten Zeitpunkt begonnen hat und übermittelt diese. Im Beispiel wird dem Arbeitgeber also die Arbeitsunfähigkeit vom 26. April bis 30. April übermittelt. Auch hiermit wird ein weiteres lästiges Problem in der Praxis, nämlich die passgenaue Abfrage, behoben.
Beachte:
Überschneiden sich Abwesenheitszeiten, sind dem Arbeitgeber gegebenenfalls mehrere eAU auf eine Anfrage hin zu übermitteln.
IV.
Weiterhin keine Mitteilung über ausstellende Arztpraxis
Soweit bisher ersichtlich kann die ausstellende Arztpraxis der Bescheinigung weiterhin nicht entnommen werden. Gleiches gilt für die Art und Weise, wie die Untersuchung vorgenommen wurde. Dies erscheint insbesondere deswegen problematisch, weil neben der persönlichen Untersuchung auch eine Videosprechstunde, eine telefonische Anamnese oder gar eine Krankschreibung per App in Betracht kommen, der kein Beweiswert zukommt. Ohne Kenntnis der ausstellenden Arztpraxis und der Art der Erlangung der eAU kann der Arbeitgeber deren Beweiswert weiterhin nicht korrekt beurteilen.
Praxishinweis:
Dem Arbeitgeber muss daher nach unserer Auffassung ein Auskunftsanspruch sowohl hinsichtlich der ausstellenden Arztpraxis als auch hinsichtlich des Zustandekommens der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zustehen. Bisher fehlt es hierzu aber noch an belastbarer Rechtsprechung.
V.
Fazit und Ausblick
Das Jahr 2025 beinhaltet für Arbeitgeber auch sinnvolle Neuerungen. Insbesondere die neuen Rückmeldegründe sorgen für mehr Transparenz. Hinzu kommen weitere Vereinfachungen im Verfahren.
Jedoch können gewisse Unklarheiten für den Arbeitgeber hinsichtlich der Frage, ob überhaupt ein berechtigter Krankheitsfall vorliegt, im Einzelfall weiterhin nicht völlig ausgeräumt werden. Außerdem findet das eAU-Verfahren nach wie vor keine Anwendung auf Privatversicherte, sodass Arbeitgeber weiterhin mit doppelten Strukturen konfrontiert sind. Ein gewichtiges Problem bleibt zudem die fehlende Möglichkeit des Arbeitgebers, die ausstellende Arztpraxis und den Weg der Erlangung der eAU nachvollziehen zu können. Insoweit besteht also weiterhin ein Bedürfnis nach Anpassungen beziehungsweise der Anerkennung eines entsprechenden Auskunftsanspruchs des Arbeitgebers.
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Über den Autor
Dr. Michel Hoffmann ist seit Anfang 2019 als Rechtsanwalt für die Sozietät Küttner tätig. Dort berät und vertritt er seine Mandanten in allen Belangen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die Gestaltung komplexer arbeitsrechtlicher Regelungen, Beendigungsstreitigkeiten sowie sämtliche Fragen des Betriebsverfassungsrechts.