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Neues im Arbeitsrecht 2024 – Ausblick für die HR-Praxis

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Auch 2024 bringt zahlreiche Veränderungen im Arbeitsrecht mit sich. Neben einer kurzen Zusammenfassung einiger wesentlicher Veränderungen zum Jahresbeginn, wollen wir auch einen Ausblick auf mögliche Neuerungen im laufenden Jahr wagen. Hier stehen auf europäischer und nationaler Ebene durchaus wichtige Änderungen bevor.

I.

Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns und Anhebung der Minijob-Grenze

Ab dem 1. Januar 2024 erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn auf 12,41 Euro und ab dem 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro je Zeitstunde. Die Erhöhungen basieren auf den Vorschlägen der Mindestlohnkommission. Diese unabhängige Kommission besteht aus einem oder einer Vorsitzenden und sechs stimmberechtigten sowie zwei beratenden Mitgliedern.
Da der Mindestlohn und die Minijob-Verdienstgrenze seit Oktober 2022 miteinander verbunden sind, steigt durch die Erhöhung des Mindestlohns auch die Verdienstgrenze zum 1. Januar 2024 von 520,00 Euro auf 538,00 Euro.

II.

Erhöhung des Kinderkrankengeldes

Gesetzlich krankenversicherte Eltern haben für das ebenso gesetzlich krankenversichertem Kind bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres einen Anspruch auf Kinderkrankengeld. Der Anspruch wurde für die Jahre 2024 und 2025 erweitert. Elternteile können nunmehr jeweils 15 Kinderkrankengeldtage pro Kind beziehen (statt 10), Alleinerziehende pro Kind 30 Arbeitstage (statt 20). Die Gesamtzahl der jährlichen Anspruchstage pro Elternteil steigt auf 35 Arbeitstage (statt 25) und für Alleinerziehende auf insgesamt 70 Arbeitstage pro Jahr (statt 50).

III.

Telefonische Krankmeldung und Kinderkrankmeldung

Seit dem 7. Dezember 2023 ist nach der Änderung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie wieder die telefonische Krankmeldung möglich. Des Weiteren können seit dem 18. Dezember 2023 auch „Kinderkrankmeldungen“ telefonisch erfolgen, d.h. die Erkrankung eines Kindes kann nach telefonischem Kontakt mit den Eltern bescheinigen werden. Dies ist auf Krankschreibungen bis zu fünf Kalendertagen begrenzt. Weitere Voraussetzung ist, dass die jeweils erkrankte Person der Praxis bekannt ist und es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung handelt.

IV.

Erhöhung der Ausgleichsabgabe für schwerbehinderte Beschäftigte

Alle Arbeitgeber mit über 20 Arbeitsplätzen müssen auf wenigstens 5 Prozent (Pflichtquote) der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Wird diese Quote nicht erreicht, ist eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Diese Ausgleichsabgabe wurde zum 1. Januar 2024 erhöht und ist weiterhin gestaffelt nach der Größe des Unternehmens. Neu ist insbesondere, dass Arbeitgeber, die keinen einzigen schwerbehinderten Arbeitnehmer beschäftigen, eine Ausgleichsabgabe von EUR 720 pro Arbeitsplatz pro Monat zahlen müssen.

V.

Hinweisgeberschutzgesetz: Meldestelle bereits ab 50 Beschäftigten

Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt seit dem 17. Dezember 2023 auch für Unternehmen mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigte. Auch diese Unternehmen sind daher zur Einrichtung einer Whistleblowing-Meldestelle verpflichtet. Im Fall von Verstößen drohen Bußgelder. Bei Fragen im Zusammenhang mit der Einrichtung und dem Betrieb steht Ihnen unser Compliance-Team gerne zur Verfügung.


VI.

Wachsende Supply-Chain Verantwortung

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz galt bereits seit dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit über 3.000 inländischen Beschäftigten. Seit dem 1. Januar 2024 findet es auch auf Unternehmen mit über 1.000 inländischen Beschäftigten Anwendungen.

VII.

Ein Ausblick – nationale und europäische Entwicklungen

Im Jahr 2024 stehen auf europäischer und nationaler Ebene einige Entwicklungen bevor, die es aus HR-Sicht zu beachten gilt:

Richtline über Europäische Betriebsräte:

Bereits am 2. Februar 2023 forderte das EU- Parlament mehr Rechte für Europäische Betriebsräte. Insbesondere sollen Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sowie Sanktionsmöglichkeiten ausgedehnt werden. Die EU-Kommission wollte sodann bis zum 31. Januar 2024 einen Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten. Sollten die Vorschläge des EU-Parlaments umgesetzt werden, würden die Möglichkeiten der Beteiligung Europäischer Betriebsratsgremien deutlich gestärkt werden. Die Entwicklungen auf europäischer Ebene bleiben spannend.

Plattformarbeits-Richtlinie:

Plattformarbeit ist eine Arbeitsform, bei der Organisationen über eine Online-Plattform mit anderen Organisationen oder Einzelpersonen in Kontakt treten, um gegen Bezahlung spezifische Dienstleistungen zu erbringen. Derzeit ist die Mehrheit der Plattformarbeiter in der EU selbstständig. Durch die neuen EU Vorschriften zur Plattformarbeit sollen einheitliche Kriterien für die Bestimmung des „Arbeitnehmerstatus“ eingeführt werden. Ebenso soll die Verwendung algorithmischer Systeme geregelt werden. Die Verhandlungsführer des Rates und des Parlaments haben am 13. Dezember 2023 eine vorläufige Einigung über die neuen Vorschriften erzielt. Die finalen Gespräche laufen indes aktuell noch. Weitere Informationen und den aktuellen Verhandlungsstand finden sie hier.

Entgelttransparenzrichtlinie:

Bereits im Juni 2023 ist die Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft getreten. Die Richtlinie ist bis Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen. Erforderlich werden umfangreiche Änderungen des Entgelttransparenzgesetzes. Ein konkretes Gesetzesvorgaben gibt es indes noch nicht

Arbeitszeitgesetz:

Der EuGH hatte am 14. Mai 2019 (C-55/18) entschieden, dass eine Pflicht besteht, ein System zur Aufzeichnung der Arbeitszeit einzurichten. Im Jahr 2022 folgte das BAG dieser Entscheidung und stellte ebenfalls eine Pflicht zur generellen Aufzeichnung der Arbeitszeit fest (Beschluss vom 13. September 2022, 1 ABR 22/21). Eine dringend erforderliche gesetzliche Neujustierung des Arbeitszeitgesetzes ist seitdem nicht erfolgt. Seit Vorlage eines Referentenentwurfes im Jahr 2023 ist wenig geschehen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies 2024 entwickeln wird.

Beschäftigtendatenschutz:

Weiterhin plant der deutsche Gesetzgeber (erneut) die Schaffung eines eigenständigen Beschäftigtendatenschutzgesetzes. Neben einem veröffentlichen Eckpunktepapier sind aber bislang noch keine konkreten Gesetzesvorschläge bekannt.

Familienstartzeit:

Bereits im Jahr 2022 hätte eine entsprechende europäische Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Vorgesehen ist eine zehntägige Familienstartzeit für Väter oder gleichgestellte Elternteile. Allerdings befindet sich ein entsprechender nationaler Gesetzesentwurf seit Monaten in der Ressortabstimmung, da die Finanzierung der Familienstartzeit nicht geklärt ist.

Bürokratieentlastung:

Der Referentenentwurf eines vierten Bürokratieentlastungsgesetzes wurde jüngst veröffentlicht. Neben geplanten Änderungen im Nachweisgesetz werden weitere arbeitsrechtliche Gesetze angesprochen. Auch soll das strenge Schriftformerfordernis in einigen Bereichen durch die elektronische Form (= qualifizierte elektronische Signatur – qeS) ersetzt werden.

Betriebsratsvergütung:

Durch das „Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes“ soll Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung erreicht werden. Weitere Infos dazu finden Sie im hier.

Rechtsanspruch auf Homeoffice:

Nachdem bereits im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ein Erörterungsanspruch auf Homeoffice angedeutet war, hat Bundeswirtschaftsminister Habeck zuletzt angekündigt, dass konkrete Vorschläge für einen Rechtsanspruch auf Homeoffice unterbreiten werden sollen. Auch hier bleiben konkrete gesetzliche Vorschläge abzuwarten.
Die Komplexität des Arbeitsrechts wird auch 2024 – trotz angestoßener Bürokratieentlastung –durch europäische und nationale Vorgaben weiter zunehmen. Wir freuen uns daher, Sie auch in diesem Jahr bei allen Herausforderungen begleiten zu dürfen.

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