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4 Minuten Lesezeit (859 Worte)

Verlängerung des Teil-Lockdowns – auch mit arbeitsrechtlichen Folgen

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Am 25. November 2020 hat die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder weitere Beschlüsse zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gefasst. Während der Teil-Lockdown bestehen bleibt, werden die Weihnachtsferien bundeseinheitlich auf den 19. Dezember 2020 vorgezogen. Auch die Schulen sollen vorerst geöffnet bleiben, was berufstätige Eltern schulpflichtiger Kinder und deren Arbeitgeber vor zahlreiche Fragen stellt. Dies haben wir zum Anlass für ein kurzes Corona-Update genommen:

1.

Erkrankung / Quarantäneanordnung schulpflichtiger Kinder

Nach der Beschlusslage soll im Fall der Positivtestung eines Schülers regelmäßig die gesamte Schulklasse zunächst für 5 Tage zu Hause in Quarantäne bleiben. Wegen des unbestätigten Status der weiteren Schulkinder werden dagegen deren Eltern und andere Haushaltsmitglieder nicht unter Quarantäne gestellt. Nur bei Auftreten von Symptomen tritt eine Haushaltsquarantäne in Kraft. In der Folge stellen sich Fragen bezüglich der Arbeitspflicht der Eltern und der Pflicht zur Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber:

Leistungsverweigerungsrecht des Beschäftigten:

Wenn für Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres keinerlei andere Betreuung sichergestellt werden kann, kann im Einzelfall ein Recht des Beschäftigten bestehen, die Arbeitsleistung zu verweigern.

Entgeltfortzahlungsanspruch:

Eine Aussage über den möglichen Entgeltfortzahlungsanspruch ist damit aber noch nicht getroffen. Der Grundsatz lautet hier: Ohne Arbeit kein Lohn. Für die weitere Beurteilung ist zu unterscheiden:
  • Bei Erkrankung des Kindes bis zum 12. Geburtstag besteht die Möglichkeit (aktuell) bis zu 15 Tage pro Kind Kinderkrankengeld in Anspruch zu nehmen, § 45 Abs. 1 SGB V.
  • Bei der Quarantäne des Kindes kann ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch aus der Regelung des § 616 BGB resultieren, wenn das Elternteil lediglich eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit (ca. 10 Tage) verhindert ist. Bei der jetzt im Raum stehenden Kurzquarantäne von 5 Tagen können die Voraussetzungen des § 616 BGB daher durchaus erfüllt sein. Dies gilt aber nur dann, wenn die Anwendung des § 616 BGB (was zulässig ist) durch Tarif- oder Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen ist.

Entschädigung nach § 56 Abs. 1a IfSG:

Weiterhin besteht nach § 56 Abs. 1a IfSG in bestimmten Fällen ein Anspruch auf Entschädigung gegen die zuständige Behörde (in NRW die Landschaftsverbände). Der Arbeitgeber hat diese Entschädigung in den ersten sechs Wochen auszahlen und kann sie sich sodann von der Behörde auf Antrag erstatten lassen (§ 56 V IfSG). Voraussetzungen des Anspruchs sind:
  • Die Betreuungseinrichtung bzw. Schule wird von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen vorübergehend geschlossen oder dem Kind wird das Betreten, etwa aufgrund einer Absonderung, untersagt (so auch die Gesetzesbegründung, vgl. auch BT-Drs. 19/23944, S. 34),
  • das Kind hat das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet (ist also höchstens 11 Jahre alt) oder es handelt sich um ein Kind mit Behinderungen,
  • das Elternteil kann das Kind nicht selber beaufsichtigen und es existieren keine anderweitigen zumutbaren Betreuungsmöglichkeiten. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/18111 S. 25) ist bei der Möglichkeit der Arbeit im Home-Office allerdings grundsätzlich von einer solchen anderweitigen Betreuungsmöglichkeit auszugehen und
  • das Elternteil erleidet einen Verdienstausfall. Insoweit sind aber insbesondere zunächst vorhandene Überstundenkonten der Beschäftigten abzubauen.
Der Entschädigungsanspruch wurde auf 67 % des Verdienstausfalls und maximal EUR 2.016,00 monatlich begrenzt (§ 56 Abs. 2 S. 4 IfSG). Er wird längstens für 10 Wochen gezahlt (für Alleinerziehende: 20 Wochen).
Der Arbeitgeber hat nach § 56 Abs. 1a S. 2 IfSG einen Auskunftsanspruch gegen den Beschäftigten hinsichtlich des Fehlens alternativer Betreuungsmöglichkeiten, von dem in der Praxis zur Risikominimierung auch Gebrauch gemacht werden sollte.
Weitere Informationen und Anträge stellen für NRW die Landschaftsverbände zur Verfügung.

2.

Vorgezogene Weihnachtsferien ab dem 19. Dezember 2020 - greift § 56 Abs. 1a IfSG?

Mit Blick auf die vorgezogenen Ferien und fehlende Betreuungsmöglichkeiten gelten bezüglich des Leistungsverweigerungsrechts und des Anspruchs auf Lohnfortzahlung grundsätzlich die oben genannten Grundsätze.
Besonderheiten sind bezüglich der Entschädigung nach § 56 Abs. 1a IfSG zu beachten. Entgegen teilweise anders lautender Aussagen von Teilen des Bundeskabinetts ist die Rechtslage hier alles andere als eindeutig. Gibt es durch die vorgezogenen Weihnachtsferien Betreuungsengpässe, die nicht durch Urlaub des Beschäftigten kompensiert werden können, greift § 56 Abs. 1a IfSG nicht ohne Weiteres ein. Das Gesetz regelt vielmehr, dass der Anspruch auf Entschädigung nicht besteht, soweit eine „Schließung ohnehin wegen der Schulferien“ erfolgen würde (§ 56 Abs. 1a S. 3 IfSG). Ob die vorgezogenen Schulferien aus Gründen des Infektionsschutzes davon ebenso erfasst werden, ist bislang ungeklärt. Soweit kein Anspruch nach § 616 BGB besteht, wird man aber aktuell davon ausgehen müssen, dass die Beschäftigten für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

3.

Forderungen der Politik an die Arbeitgeber

Nach der Beschlusslage werden Arbeitgeber zudem „dringend gebeten“ zu prüfen, ob die Betriebsstätten entweder durch Betriebsferien oder „großzügige Home-Office-Lösungen“ vom 23. Dezember 2020 bis 1. Januar 2021 geschlossen werden können.
Insofern ist darauf hinzuweisen, dass eine wirksame Anordnung von Betriebsferien durch den Arbeitgeber - und damit ein Zugriff auf Urlaubstage des Beschäftigten - nur unter engen Voraussetzungen möglich ist. In Betrieben mit Betriebsrat ist die Festlegung von Betriebsferien zudem nur in Zusammenarbeit mit dem Gremium möglich. Problematisch dürfte zudem sein, dass die meisten berufstätigen Eltern mit schulpflichtigen Kindern ihren Jahresurlaub bereits aufgebraucht haben. Schließlich kann die Vereinbarung längerer Betriebsferien unmittelbare Folgen für die generellen Bezugsvoraussetzungen des Kurzarbeitergelds haben, sodass vor der Anordnung dringend sämtliche Wechselwirkungen zu prüfen sind.

Autoren dieses Beitrags

Thomas
Köllmann

Dr. Michel
Hoffmann

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