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Pünktlich zu den Sommerferien: Zusätzliche Testpflicht für Beschäftigte in NRW

test
(Stand: 15. Juli 2021)
Die neue Corona-Schutzverordnung NRW sieht erstmals eine bußgeldbewehrte Testpflicht für Beschäftigte vor. Inmitten der Sommerferien stellt die NRW-Landesregierung damit Arbeitgeber vor administrative Herausforderungen. Andere Bundesländer ziehen nun nach und so führt auch Sachsen entsprechende Testpflichten ein. Ein Überblick zu der Neuregelung in NRW:

I.

Was regelt die neue Corona-Schutzverordnung NRW?

Beschäftigte, die nach dem 1. Juli 2021 mindestens fünf Werktage hintereinander aufgrund von Urlaub und „vergleichbaren Dienst- oder Arbeitsbefreiungen“ nicht gearbeitet haben, müssen am ersten Arbeitstag ein negatives Testergebnis vorlegen oder vor Ort einen beaufsichtigten Test durchführen (vgl. unter 5.). Sofern unmittelbar eine Tätigkeit im Home-Office folgt, besteht die Pflicht am ersten Tag, an dem der Beschäftigte wieder im Betrieb arbeitet. Von der Regelung ausgenommen sind vollständig geimpfte oder genesene Personen, sofern sie keine typischen Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus aufweisen oder eine akute Infektion vorliegt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 4 Corona-Schutzverordnung NRW).

II.

Gilt die Pflicht bei jedem Urlaub?

Für die Rückreise aus Risikogebieten, Hochinzidenzgebieten und Virusvariantengebieten gelten bereits bestimmte Test- und Quarantänepflichten. Die vorliegende Testpflicht gilt indes unabhängig davon, wo und wie der Urlaub verbracht wurde, also selbst dann, wenn der Beschäftigte sich lediglich zu Hause aufgehalten hat. Das Gesundheitsministerium begründet dies damit, dass Urlaub gerade in den Sommermonaten – egal ob zuhause, im Inland oder im Ausland – mit zahlreichen Kontakten zu Menschen verbunden sei.

III.

Was versteht man unter einer „vergleichbaren Arbeitsbefreiung“?

Die Testpflicht greift bei Urlaub und einer „vergleichbaren Arbeitsbefreiung“. Eine Definition, was darunter genau zu verstehen ist, wird nicht gegeben. Laut Pressemitteilung und FAQ des NRW-Gesundheitsministeriums lösen Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit oder Home-Office keine Testpflicht aus. Auch im Fall der Abwesenheit wegen einer Dienstreise besteht keine Testpflicht. Indes liegt eine „vergleichbare Arbeitsbefreiung“ im Fall des Abbaus von Überstunden bzw. Zeitausgleichs vor.
Auch für Teilzeitbeschäftigte, die nur an wenigen Tagen pro Woche arbeiten gilt die Testpflicht nicht, da eine „Arbeitsbefreiung“ nur vorliegen kann, wenn eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestand. Anders ist dies, wenn wegen Teilzeit nur beispielsweise einen Tag in der Woche gearbeitet wird, für diesen Tag Urlaub genommen wird und sodann eine Abwesenheit von fünf Werktagen entsteht.
Für Rückkehrer aus Elternzeit oder Mutterschutz besteht ebenfalls keine Testpflicht, weil das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses keine mit dem Urlaub vergleichbare Arbeitsbefreiung darstellt.

IV.

Für wen gilt die Testpflicht nicht und darf nach der Impfung gefragt werden?

Die Testpflicht gilt nur für Personen, die nicht bereits vollständig geimpft oder genesen („immunisiert“) sind. Eine Rückausnahme besteht auch für diese Personengruppen, wenn typische Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus vorliegen oder eine akute Infektion besteht. Eine Frage nach dem Impfstatus durch den Arbeitgeber wird – jedenfalls in den meisten Fällen – unzulässig sein. Möglich ist es aber, dass Beschäftigte dem Arbeitgeber freiwillig einen Impfnachweis erbringen, um sich von der Pflicht zur Testung zu befreien. Der Arbeitgeber kann die Beschäftigten darauf hinweisen, dass sie freiwillig ihren Impfstatus nachweisen können und sodann von weiteren Testpflichten befreit sind, sofern sie keine Symptome aufweisen.

V.

Welche Tests werden anerkannt?

Es ist entweder ein maximal 48 Stunden alter Negativtestnachweis aus Bürgertestung/ Einrichtungstestung vorzulegen oder eine beaufsichtigte Beschäftigtentestung per Selbsttest im Betrieb durchzuführen. Hierzu kann einer der zwei wöchentlichen Tests verwendet werden, die den Beschäftigten kostenfrei zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Fall der Testung vor Ort müssen die Anforderungen der Beschäftigtentestung nach § 4 der Corona-Test-Quarantäneverordnung beachtet werden, Informationen dazu finden Sie hier. Ein einfacher, unbeaufsichtigter Selbsttest durch den Beschäftigten ist nicht ausreichend.

VI.

Welche Pflichten treffen die Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber hat ein System zur Kontrolle der Testnachweise einzuführen und muss dies dokumentieren. Entscheidend soll sein, dass die Betriebe den Behörden bei Überprüfungen dieses Kontrollsystem darstellen können. Eine Pflicht, sämtliche Test- oder Impfnachweise aufzubewahren, wird indes nicht bestehen. Die Verordnung spricht von einer Vorlage des Testergebnisses (keiner „Übergabe“) und der Arbeitgeber hat „nur“ eine Pflicht zur Kontrolle. Das Einsammeln und Aufbewahren von Testergebnissen wird daher auch aus datenschutzrechtlicher Sicht zur Erfüllung der Pflicht nicht erforderlich sein. Der Arbeitgeber kann die Beschäftigten natürlich dazu anhalten, die Testnachweise privat zu speichern. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Einführung eines entsprechenden Systems sind zu beachten.
Keine Aussage wird darüber getroffen, wie lange die entsprechenden Gesundheitsdaten zu speichern sind. Da es sich um besonders sensible Daten handelt und der Arbeitgeber bei etwaigen Kontrollen nur das System zur Überprüfung darlegen muss, ist eine langfristige Speicherung der Testnachweise nicht erforderlich. Zudem sind die Daten sicher aufzubewahren und der Zugriff ist auf den erforderlichen Personenkreis zu begrenzen.

VII.

Können Bußgelder verhängt werden?

Nach § 23 Abs. 2 Nr. 4a der Corona-Schutzverordnung NRW ist es bußgeldbewehrt, wenn der Arbeitgeber die Kontrolle der Testnachweise beziehungsweise die Testdurchführung nicht sicherstellt. Auch das Nichtvorlegen eines Testes durch den Beschäftigten ist bußgeldbewehrt. Es können Geldbußen bis zu 25.000 Euro verhängt werden.

VIII.

Kann der Arbeitgeber Sanktionen gegen Testverweigerer verhängen?

In arbeitsschutzrechtlicher Hinsicht liegt die Durchsetzung der Testungen und Ahndung von Verstößen in der Zuständigkeit der Ordnungsämter. Diese können von den Arbeitgebern informiert werden und die Testung im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens durchsetzen.
Auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht werden Sanktionen möglich sein. Das mildeste Mittel wäre eine „Versetzung“ in das Home-Office. Sofern dies nicht möglich oder gewünscht ist, kann der Beschäftigte von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt werden. Da in diesem Fall die Arbeitsleistung nicht so wie geschuldet – unter Nachweis einer Testung oder Immunisierung – angeboten wurde, sprechen gute Argumente dafür, dass kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn besteht. Auch eine Abmahnung und im Wiederholungsfall eine verhaltensbedingte Kündigung sind nicht ausgeschlossen. Hier kommt es stets auf den Einzelfall an.
Zu berücksichtigen ist, dass die Rechtsprechung dem Gesundheitsschutz einen hohen Stellenwert einräumt: So hat beispielsweise das LAG Köln entschieden, dass kein Anspruch auf Beschäftigung ohne das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes besteht (LAG Köln, Urteil vom 12. April 2021 – 2 SaGa 1/21).

IX.

Handlungsempfehlungen

Arbeitgeber in NRW und je nach Rechtslage auch in den anderen Bundesländern sollten in Abstimmung mit dem Betriebsrat kurzfristig insbesondere folgende Maßnahmen ergreifen:
  • Hinweis an alle Beschäftigten über die Neuregelung.
  • Hinweis darauf, dass Beschäftigte freiwillig auch einen Impfnachweis vorlegen können und sodann von der Testpflicht befreit sind. Dies gilt nicht, wenn diese Personen konkrete Symptome einer Infektion aufweisen (vgl. unter I., IV.). Der Arbeitgeber sollte zudem darauf hinweisen, dass sich symptomatische Personen stets bei ihm melden müssen.
  • Hinweis darauf, dass Verstöße gegen die Testpflicht bußgeldbewehrt sind und bei Nichtbeachtung auch arbeitsrechtliche Sanktionen in Betracht kommen können.
  • Hinweis auf datenschutzrechtliche Aspekte, insbesondere darauf, dass die Daten nur zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten verarbeitet und bei Wegfall des Verarbeitungszweckes gelöscht werden.
  • Einführung eines Systems zur Kontrolle und Dokumentation der Nachweise über Testung bzw. Immunisierung, welches im Fall einer Kontrolle vorgelegt werden kann (Benennung verantwortlicher Personen, Darstellung eines internen Workflows).

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