5 Minuten Lesezeit
(965 Worte)
Neues im Arbeitsrecht 2025 – Ausblick für die HR-Praxis
Das Jahr 2025 bringt absehbar zahlreiche Veränderungen im Arbeitsrecht mit sich. Neben einer kurzen Zusammenfassung einiger wesentlicher Veränderungen zum Jahresbeginn, wollen wir auch einen Blick auf mögliche Neuerungen im laufenden Jahr werfen.
Während auf europäischer Ebene bereits einige wichtige Änderungen für das neue Jahr absehbar sind, gleicht die Antwort auf die Frage, welche Gesetzesänderungen auf nationaler Ebene zu erwarten sind nach dem Koalitionsbruch und vor den anstehenden Neuwahlen einem Blick in die Glaskugel.
I.
Digitalisierung in der HR-Praxis durch das vierte Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV)
Im Oktober 2024 wurde das BEG IV verabschiedet, dessen Regelungen sukzessive in Kraft treten. Einige für die HR-Praxis wichtige Regelungen gelten ab dem Jahreswechsel.
Darunter befinden sich vor allem Änderungen bestehender Gesetze, die zur Erleichterung der praktischen Arbeit den Wegfall des Schrifterfordernisses bei arbeitsbezogenen Dokumenten vorsehen. So kann der im Nachweisgesetz vorgeschriebene Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen künftig im Regelfall und bei Einhaltung der gesetzlich bestimmten Anforderungen in Textform erfolgen, während bislang Schriftform vorgeschrieben war.
Die Textform ist künftig zudem ausreichend bei Regelrentenaltersbefristungen, Ankündigung und Geltendmachung von Pflegezeit, Anträge auf Elternzeit und Teilzeit in der Elternzeit (ab Mai 2025) sowie Arbeitnehmerüberlassungsverträgen zwischen Ver- und Entleiher. Zudem ist die elektronische Form für Arbeitszeugnisse nunmehr ausreichend. Regelmäßig muss der Arbeitgeber jedoch das Dokument, sofern dies von Arbeitnehmenden verlangt wird, in Schriftform aushändigen.
II.
Erneute Erhöhung des Mindestlohns und Anhebung der Minijob-Grenze
Ab dem 1. Januar 2025 erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn auf 12,82 Euro je Zeitstunde. Die Erhöhungen basieren auf den Vorschlägen der Mindestlohnkommission. Ob der Mindestlohn auch 2026 wieder ansteigen wird, ist bislang nicht bekannt.
Da der Mindestlohn und die Minijob-Verdienstgrenze seit Oktober 2022 miteinander verbunden sind, steigt durch die Erhöhung des Mindestlohns auch die Verdienstgrenze zum 1. Januar 2025 von 538,00 Euro auf 556,00 Euro.
III.
Abrechnung von Abfindungen (Fünftelregelung)
Zum neuen Jahr bringt das Wachstumschancengesetz Änderungen bei der Fünftelregelung im Rahmen der Abrechnung von Abfindungen mit sich. Danach müssen Arbeitgeber die Füntelregelung nicht mehr wie bisher direkt beim Lohnsteuerabzug berücksichtigen. Sie findet künftig ausschließlich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung von Arbeitnehmenden statt.
Diese tragen daher bei der Auszahlung einer Abfindung zunächst eine höhere Steuerlast; die Entlastung erfolgt erst später im Zuge der Einkommenssteuererklärung. Es empfiehlt sich, die dahingehend in Aufhebungsverträgen enthaltenen Formulierungen zu überprüfen, um zu vermeiden, dass sich Arbeitgeber verpflichten, für die steuerliche Vergünstigung einzustehen.
IV.
Höhere Gebühren für nicht-inklusive Unternehmen
Bereits durch das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes wurden zum 1. Januar 2024 die Beträge der Ausgleichsabgabe nach § 160 SGB IX erhöht. Diese Erhöhung wird zum 31. März 2025 das erste Mal fällig, wenn Arbeitgeber die Ausgleichsabgabe für 2024 zu zahlen haben, weil sie weniger als 5% ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen. Der Betrag erhöht sich, je geringer der Anteil an schwerbehinderten Menschen in der Belegschaft ist. Arbeitgeber müssen daher, wenn sie nur zwischen 3 und 5 Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt haben, ab 2025 einen Betrag von EUR 140 anstatt EUR 125 pro unbesetzten Arbeitsplatz zahlen. Arbeitgeber, die keinen Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt haben, müssen inzwischen EUR 720 pro unbesetzten Arbeitsplatz zahlen.
V.
Mehr Barrierefreiheit Online und in der analogen Welt
Am 28. Juni 2025 tritt das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz als Umsetzung des European Accessibilty Act (Richtlinie (EU) 2019/882) in Deutschland in Kraft. Das Gesetz soll nunmehr auch privatwirtschaftliche Unternehmen bei der Herstellung, Einführung und dem Inverkehrbringen von Produkten verpflichten, gewisse Standards an Barrierefreiheit zu erfüllen.
Ähnliche Regelungen sieht das Gesetz für das Anbieten von Dienstleistungen vor. Produkte und Dienstleistungen sind laut gesetzlicher Definition barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Das Gesetz gilt u.a. in den Bereichen des Online-Handels, für internetfähige Hardware, Software, aber auch überregionalen Personenverkehr oder Bankdienstleistungen. Konkrete Anforderungen an die Barrierefreiheit hat der deutsche Gesetzgeber in der Verordnung über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz festgehalten.
VI.
Mehr Rechte für Plattform-Beschäftigte
Ende 2024 ist die Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten (RL (EU) 2024/2831) in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist es, den Beschäftigten, die für oder über Plattformen Dienste verrichten (auch Crowdworker genannt), mehr Rechte zu geben. Die Richtlinie sieht hierfür u.a. eine Vermutungsregel für den Arbeitnehmendenstatus von Plattformbeschäftigten sowie Regelungen zur Transparenz und Mitbestimmung vor. Bei der Umsetzung der Richtlinie werden den nationalen Gesetzgebern große Freiheiten gelassen. Welche neuen rechtlichen Anforderungen tatsächlich auf Arbeitgeber zukommen, die Plattformarbeit nutzen, bleibt daher abzuwarten. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie bis Dezember 2026 in nationales Recht umzusetzen.
VII.
Umsetzung Entgelttransparenzrichtlinie: Handlungsbedarf für Unternehmen
Zudem steht die Umsetzung der europäischen Entgelttransparenzrichtlinie (RL (EU) 2023/970) an. Deutschland hat hier bis zum 7. Juni 2026 Zeit, die neuen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Ziel der Richtlinie ist die Reduzierung geschlechtsspezifischer Unterschiede beim Entgelt und die Förderung von Lohngleichheit.
Zu diesem Zweck verschafft die Richtlinie Arbeitnehmenden und Bewerbenden Auskunftsrechte über die Gehaltsstruktur im Unternehmen sowie weitere Rechte, die die Durchsetzung eines gleichen Gehalts erleichtern sollen. Die durch die Richtlinie gewährten Rechte gehen zum Teil weit über die Rechte hinaus, die Arbeitnehmenden nach der aktuellen Rechtslage durch das Entgelttransparenzgesetz zustehen. Wann die erforderliche gesetzliche Regelung erfolgen wird, ist aktuell noch nicht absehbar.
Arbeitgeber sind gut beraten, insbesondere mit Blick auf die (teilweise) erforderliche Abstimmung mit Betriebsräten, frühzeitig – auf Grundlage der Richtlinie absehbar – notwendige Maßnahmen zu treffen. Nicht zuletzt sieht die Richtlinie sieht für Unternehmen ab einer gewissen Größe Berichtpflichten vor. Selbst wenn die Richtlinie erst 2026 umgesetzt wird und die ersten Berichte 2027 fällig werden, bleibt Arbeitgebern nur Zeit bis Ende 2025 Zeit, um für den Berichtszeitraum 2026 ggf. erforderliche Gehaltsanpassungen durchzuführen.
Das Ampel-Aus hat bei der Umsetzung diverser Projekte wie zum Thema Beschäftigtendatenschutz, Recht auf Homeoffice oder die Änderung des Arbeitszeitgesetzes zu Stillstand geführt. Erst der neue Koalitionsvertrag wird zeigen, welche Gesetzesvorhaben in der neuen Legislaturperiode zu erwarten sind.
Markiert in:
Über den Autor
Nicola Dienst trat im Jahr 2020 als Rechtsanwältin bei der Sozietät Küttner ein, nachdem sie zuvor in einer bundesweit tätigen Wirtschaftskanzlei im Arbeitsrecht tätig war. Als Mitglied des Expertenteams Compliance & Internal Investigations liegt ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Durchführung von Compliance-Untersuchungen und im Bereich der Betriebsratsvergütung sowie der Vertretung ihrer Mandanten in daraus resultierenden gerichtlichen Verfahren.