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Update: Corona und Arbeitsschutz ab 1. Oktober 2022
Nachdem die Geltungsdauer der Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) zunächst mit Ablauf des 19. März 2022 endete, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nunmehr zum 1. Oktober 2022 eine befristete Corona-ArbSchV reaktiviert.
Mit Rücksicht auf das aktuelle Infektionsgeschehen sollen für einen Übergangszeitraum bis zum 7. April 2023 im betrieblichen Bereich auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung weiterhin bestimmte Basisschutzmaßnahmen unter weitgehender Verantwortung der Unternehmen getroffen werden. Zugleich hat der Bundesrat am 16. September 2022 die vom Bundestag beschlossenen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes angenommen. Wir geben einen kurzen Überblick zu den maßgeblichen Regelungen mit arbeitsrechtlichem Bezug.
I.
Basisschutzmaßnahmen und betriebliche Hygienekonzepte
Die neue Corona-ArbSchV legt eine Reihe an bereits bekannten Basisschutzmaßnahmen fest, die auf Grundlage der Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung zu ergreifen sind:
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Zunächst die bekannten Maßnahmen, wie Mindestabstand (1,5 Meter), infektionsschutzgerechte Lüftung und Handdesinfektion.
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Die Verminderung betriebsbedingter Personenkontakte, etwa durch Vermeidung oder Verringerung der gleichzeitigen Nutzung von Innenräumen durch mehrere Personen und durch Prüfung von Homeoffice für Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten. Allerdings ist Homeoffice künftig weder für Unternehmen noch für Beschäftigte verpflichtend.
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Die Bereitstellung von Mund-Nase-Schutz durch Unternehmen, insbesondere wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann oder sich mehrere Personen gleichzeitig in Innenräumen aufhalten.
Praxishinweis:
In vielen Bereichen wird daher das Tragen eines Mund-Nase-Schutz aus Gründen des Arbeitsschutzes wieder sinnvoll sein, da die Mindestabstände jedenfalls innerhalb der Betriebe vielfach nicht oder nicht dauerhaft eingehalten werden können. Die Corona-ArbSchV sieht auch eine Tragepflicht für die Beschäftigten vor („sind […] zu tragen“).
II.
Testungen und Impfungen
Weiterhin kann die Bereitstellung eines Testangebots durch die Unternehmen einen Beitrag zum betrieblichen Infektionsschutz leisten. Anders als in der Vorgängerregelung ist keine bestimmte Zahl von Tests (früher mindestens zwei pro Woche) vorgesehen; auch hier besteht also etwas mehr Eigenverantwortung für Arbeitgeber*innen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 Corona-ArbSchV-nF). Allerdings müssen die Unternehmen die Tests „kostenfrei“ anbieten, bleiben also mit den Testkosten belastet.
Praxishinweis:
Ob Beschäftigte auch zur Durchführung der Tests verpflichtet sind, hängt vom Einzelfall ab. Die Rechtsprechung verlangt teilweise einen konkreten Corona- (Verdachts-)Fall im Unternehmen, da es ohne konkreten Anlass im Betrieb mildere Mittel gebe (ArbG Villingen-Schwenningen 22.10.2021 – 2 Ca 52/21). Hingegen erachtete das ArbG Hamburg verpflichtende anlasslose Tests bei einem Fahrer mit wechselnden Fahrgästen für rechtmäßig, da der Schutz von Leben und Gesundheit der Fahrgäste überwiege (ArbG Hamburg 24.11.2021 – 27 Ca 208/21). Maßgeblich wird im Rahmen der Erforderlichkeit des Tests also sein, welche alternativen Schutzkonzepte bereits ergriffen wurden (LAG München 26.10.2021 – 9 Sa 332/21, bestätigt durch BAG 1.6.2022 – 5 AZR 28/22, bislang nur als Pressemitteilung).
Arbeitgeber*innen haben den Beschäftigten weiterhin zu ermöglichen, sich während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Ob neben dem Freistellungsanspruch auch ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung während dieser Zeit besteht, regelt die Corona-ArbSchV nicht. Es bleibt daher bei den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen.
III.
Keine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz, aber Hotspot-Regelung
Die bis zum 20. März 2022 geltende 3G-Pflicht in Betrieben wurde nicht mehr reaktiviert. Allerdings können die Bundesländer in einer konkret zu benennenden Gebietskörperschaft, in der durch eine epidemische Ausbreitung des Corona-Virus die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage besteht, eine Vorlagepflicht eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises in bestimmten Betrieben einführen (sog. Hotspots, vgl. § 28a Abs. 8 Nr. 3 IfSG).
IV.
Gesetzliche Impfvorgaben und Immunitätsnachweise
Eine Pflicht zum Nachweis einer Impfung oder eines anderen Immunitätsnachweises besteht nach wie vor nur für Beschäftigte in bestimmten Einrichtungen des Gesundheitswesens (§ 20a IfSG).
Praxishinweis:
Zu beachten ist, dass ab dem 1. Oktober 2022 ein vollständiger Impfschutz nur mit drei Impfdosen bzw. beim Vorliegen weiterer Umstände – etwa einer überstandenen Infektion – gegeben ist § 22a Abs. 1 S. 3 IfSG).
V.
Urlaub und Corona-Quarantäne
Wenn Beschäftigte während des Urlaubs erkranken, so werden die durch ein Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Umstritten ist, ob dies auch im Fall der Quarantäne gilt. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage mit Beschluss vom 16. August 2022 (9 AZR 76/22 (A)) dem EuGH vorgelegt. Der Gesetzgeber hat dies nun zugunsten der Beschäftigten klargestellt und mit § 59 IfSG-n.F. geregelt, dass der Urlaubsanspruch erhalten bleibt, wenn sie sich während des Urlaubs in Quarantäne begeben müssen (vgl. BT-Drucks. 20/3312, S. 33).
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Über den Autor
Dr. Thomas Köllmann berät und vertritt bei der Sozietät Küttner seit 2018 Unternehmen, Führungskräfte und Organmitglieder in allen Bereichen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts sowie des Dienstvertragsrechts. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die Vertragsgestaltung, betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen, das Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst sowie die Beratung im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes und Themen rund um die Arbeitswelt 4.0. Er promovierte berufsbegleitend zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung der Datenschutzgrundverordnung. Dr. Thomas Köllmann veröffentlicht und doziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen.