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Update zur Online-Krankschreibung – Showstopper Wettbewerbsrecht?

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Im Juni und September hatten wir über das Modell der Onlinekrankschreibung und möglicher gesetzlicher Neuregelungen in diesem Zusammenhang berichtet. Nun steht die erste gerichtliche Überprüfung dieses Modells bevor. Die Wettbewerbszentrale hat einen Musterprozess gegen „AU-Schein" vor dem Landgericht Hamburg eingeleitet (Az. 406 HKO 165/19).

Ausweislich der Pressemitteilung vom 18. Oktober 2019 stützt die Wettbewerbszentrale die Klage zum einen auf § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG), der eine Werbung mit medizinischer Fernbehandlung (noch) verbietet und zum anderen auf irreführende Werbung. Letzteres vor dem Hintergrund, dass mit der Aussage „100% gültiger AU-Schein" suggeriert werde, sämtliche rechtlichen Anforderungen an die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) seien gewahrt. Der materielle Beweiswert einer solchen AU-Bescheinigung lässt sich im Einzelfall aber – wie bereits im Blog erläutert – mit guten Gründen erschüttern. Hierin sieht auch die Wettbewerbszentrale einen zentralen Angriffspunkt.

Mit Blick auf § 9 HWG verweist sie ferner auf eine Entscheidung des Landgerichts München (Urt. v. 16. Juli 2019 – 33 O 4026/18, nicht rechtskräftig), wonach es dem Versicherer ottonova untersagt wurde, für ärztliche Fernbehandlung in Form eines digitalen Arztbesuches zu werben, wenn den Versicherten angeboten wird, mittels einer App von Schweizer Ärzten Diagnosen oder Therapieempfehlungen zu erhalten. Ob § 9 HWG tatsächlich noch ein scharfes Schwert bleiben wird, gilt nach der geplanten Neuregelung durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (BT-Drs. 19/13438) abzuwarten. Danach soll § 9 HWG um einen weiteren Satz ergänzt werden, wonach die Werbung für Fernbehandlung zulässig ist, „wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist".

Da der Service des Hamburger Start-Ups immer weiter ausgebaut wird und mittlerweile neben Erkältungen, Regel- und Rückenschmerzen zusätzlich Stress, Migräne und Blasenentzündungen erfasst, ist die gerichtliche Überprüfung nur zu begrüßen, um möglichst schnell Rechtssicherheit zu schaffen. Interessant zu sehen sein wird, ob das Landgericht Hamburg auch zu den dezidiert arbeitsrechtlichen Fragen umfassend Stellung nehmen wird. Die Feststellung des fehlenden (materiellen) Beweiswerts solcher AU-Bescheinigungen dürfte dem Ende dieser Form der Onlinekrankschreibung gleichkommen. Wir werden Sie insoweit selbstverständlich auf dem Laufenden halten.

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